Dauerbrenner im Kinderzimmer

„Benjamin, nicht so laut!“, ruft die Mutter, sichtlich bemüht, ihren mit einer Rassel bewaffneten Sohn unter Kontrolle zu bringen. Die Rassel hat er von einem Tisch, auf dem mehrere Instrumente zum Ausprobieren liegen.

Benjamin, wie sollte es auch anders sein, weigert sich, den Anweisungen seiner Mutter zu folgen und beschließt, seine Kakophonie fortzusetzen. Denn bereits Richard Wagner wusste: “Musik ist die Sprache der Leidenschaft.“ Die ganze Szenerie spielt sich in der Sonderausstellung „Mit Pauken und Trompeten“ im Spielwarenmuseum Nürnberg ab. Versucht der Betrachter das Chaos auszublenden und beschäftigt sich nur mit den Exponaten, die aus diversen Musikinstrumenten verschiedener Epochen bestehen, so fällt der Blick auf ein Mobile aus Rasseln aus mehreren Jahrhunderten. Und mit ein wenig Fantasie kann sich eine solche Szene mit den entsprechenden Protagonisten zu jedem Zeitpunkt der Menschheitsgeschichte abspielen. Denn bereits vor 2000 Jahren gehörte die Rassel, die zur Systematik der Idiophone (altgriechisch für Selbstklinger) gehört, zur Grundausstattung jedes Kleinkindes.

Mehr als nur Radau

Rassel in Form einer Frau, Ton, Mexico, ca. 2000 Jahre alt Foto: Museen der Stadt Nürnberg, Spielzeugmuseum

Mit ihrer Einfachheit und ihrem typischen Geräusch ist sie ein wichtiges Instrument in der frühkindlichen Entwicklung. Sie wird aus den unterschiedlichsten Materialien hergestellt und kommt in allen Formen und Farben vor. In Adelskreisen des 15. Jahrhunderts wurden vermehrt wertvolle Rohstoffe wie Silber und Edelsteine benutzt und die Rassel etablierte sich auf Gemälden als Pendant zum väterlichen Zepter. Verschiedene Sinne werden beim Rasseln angeregt, das Auge, Ohr und der Greifmechanismus. Zum Beißen zweckentfremdet bietet das Griffstück sogar Schmerzlinderung beim Zahnen.

Besonders ins Auge sticht in der Ausstellung jedoch die Tatsache, dass sich im Laufe der Zeit zwar die Materialien verändert haben, das Grundprinzip der meisten Instrumente jedoch bis heute unverändert geblieben ist. Eine Rassel ist beispielsweise immer noch ein Hohlkörper, meist mit einem Griffstück, der mit einem klangerzeugenden Material gefüllt ist. Gleiches gilt auch für Trommeln und ihre Verwandten; auch hier hat sich das Prinzip der Tonerzeugung kaum geändert, sondern lediglich die zur Herstellung verwendeten Stoffe.

Von der Spieluhr zum Synthesizer

Blechtrommel, lackiert, bedruckt, um 1930 Foto: Tim Rakisits

Dies liegt hauptsächlich am Geschick und dem Erfindergeist unserer Vorfahren. Spieluhren gehörten zu den ersten programmierbaren Instrumenten. Durch das Positionieren von Holzstäben in der richtigen Reihenfolge konnten eigene Lieder komponiert werden. Darauf folgten Trompeten, die die Noten in einer Lochkarte gespeichert hatten und sich fast von selbst spielten. Mit der Elektrifizierung wurden neue Instrumente entwickelt, wie die E-Gitarre und das Keyboard, die heute von keiner Bühne mehr wegzudenken sind. Trotz Digitalisierung unserer Gesellschaft kehren wir bei der Erziehung unserer Neugeborenen dennoch sprichwörtlich zu unseren Wurzeln zurück, denn auch heute ist die gute alte Rassel aus keinem Kinderzimmer wegzudenken. Auch wenn fast alles in unserer Welt im Umbruch ist, ist es schön zu sehen, dass sich nicht alles ändert. Und höchstwahrscheinlich werden auch Benjamins Kinder einmal die Nerven ihres Vaters mit ihren ersten musikalischen Schritten strapazieren.

 

Informationen zum Museum

Spielzeugmuseum Nürnberg
Karlstraße 13-15
90403 Nürnberg

Öffnungszeiten: Di – Fr 10:00 – 17:00 Uhr, Sa – So 10:00 – 18:00 Uhr

http://www.museen.nuernberg.de/spielzeugmuseum/

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