Die Noris wird smart

Eine Menschentraube strömt aus dem Haupttor des Nürnberger Hauptbahnhofs. Draußen sitzen Menschen auf einer Grünfläche und warten auf ihren Anschlusszug. Ein Springbrunnen plätschert leise vor sich hin und Vogelgezwitscher ist zu hören.

Ein Beitrag von Jule Schorr

Nebenan gleitet fast lautlos eine Straßenbahn in die Haltestelle. Eine Frau, die rennend versucht, sie zu erwischen, rempelt einen Mann an, der gerade auf seinem Smartphone tippt und zerstört so den Tagtraum: Menschenmassen schieben sich über die Straße, Autos hupen und überall herrscht Lärm. Ein erster Versuch, eine derartige Traumstadt zu errichten und gleichzeitig die steigenden Bevölkerungszahlen mit technischem Fortschritt und einer nachhaltigen Lebensweise in Einklang zu bringen, liegt bereits mitten in der Wüste der Arabischen Emirate: Masdar City – eine Stadt, die komplett ohne Autos auskommt und sich durch erneuerbare Energien versorgt. Nur sei das Smart City-Prinzip , also die vernetzte Stadt, in bestehenden urbanen Strukturen viel schwieriger zu verwirklichen als in einer Planstadt, meint Jens Libbe, Infrastrukturexperte am Deutschen Institut für Urbanistik in Berlin in einem Interview mit dem Tagesspiegel. Was in einer Planstadt funktionieren kann, ist für gewachsene Städte wie Nürnberg also unmöglich umsetzbar.  Sich der Zukunft zu verwehren, ist aber auch keine Option. Unsere Städte müssen smarter werden, um den Herausforderungen der Zukunft gewachsen zu sein.

Fortschritt durch Wandel

Die Bevölkerung flüchtet vom Land in die Stadt und die somit steigenden Einwohnerzahlen stellen die Städte vor das Problem, einen angenehmen Lebensraum schaffen zu müssen, der trotzdem nachhaltig und zukunftsgerichtet ist. Foto: Pixabay

Das Konzept der Smart City wird daher auch schon in Nürnberg behandelt und ernst genommen. Kirsten Deutsch aus der Abteilung für Wirtschaftsförderung der Stadt Nürnberg erklärt, dass es in vielen Geschäftsbereichen und Dienststellen bereits Projekte und auch erste Strategien für eine „smarte“, „intelligente“ oder auch „digitale Stadt“ gibt. Es bedürfe allerdings übergreifender Ziele, um die Chancen für die Stadtentwicklung richtig zu nutzen. Mitte Juni 2017 wurde bereits eine Stelle zu genau diesem Thema geschaffen: Daniela Förtsch kümmert sich seitdem um alle smarten Belange der Stadt Nürnberg und soll so den Fortschritt vorantreiben. Doch wer vermutet, dass die Stadt sofort zu einem Hotspot technologischen Fortschritts mutieren wird, muss sich noch etwas gedulden. Denn es ist erstmal ein langer Weg, bei dem viel geplant und alle möglichen Kräfte mobilisiert und koordiniert werden müssen. Aber bisweilen fehlen die Ressourcen, um gleichzeitig die vielen kommunalen Anforderungen zu lösen.

Smarte Ideen

Doch auch wenn es oft nicht groß kommuniziert wird, seien in Nürnberg schon viele „smarte“ Leistungen zu finden, die eine gute Grundlage für eine intelligente Stadt bilden, so Deutsch. Beispiele dafür wären einmal die Noris Bikes, die überall in Nürnberg auch über eine App gemietet werden können oder das offene Gratis-WLAN in der Innenstadt. Gerade der Breitband- und WLAN-Ausbau sei Voraussetzung für den Erfolg der digitalen Stadt, meint Deutsch. Außerdem gibt es die Online-Dienste der Stadtverwaltung und die Initiative „NetCity Nürnberg“. So kann man mittlerweile eine Vielzahl von Leistungen der Stadtverwaltung über das Portal „Online-Dienste“ vollelektronisch von zuhause aus in Anspruch nehmen. Das Projekt „NetCity Nürnberg“ ermöglicht den Bürgern, bei schwierigen Entscheidungen der Stadt online mitzuwirken, indem sie Meinungen und Vorschläge abgeben können. Denn die Beteiligung  der Einwohner ist für einen erfolgreichen Wandel zu einer intelligenten Stadt immens wichtig. Doch gerade weil eine smarte Stadt in allen Bereichen vernetzt ist und von Daten und Informationen lebt, ergibt sich das Problem, die Daten der Bürger für den Fortschritt zugänglich zu machen und gleichzeitig zu schützen. Die Ängste der Bevölkerung führen nämlich oftmals zu einer geringen Akzeptanz von zukunftsorientierten Projekten und müssen deswegen besonders ernst genommen werden.

Die Noris Bikes, die man sich an verschiedenen Stellen in der Stadt mieten kann, sind nur ein Beispiel der Dinge, die zeigen wie Nürnberg sich langsam zur Smart City transformiert. Foto: Wikimedia*

Die Frau hat mittlerweile die Straßenbahn erreicht, die aber wegen einer Störung nicht weiterfahren kann. Missmut macht sich unter den Wartenden  breit. Mit einem Seufzer dreht die Frau wieder ab und geht zur U-Bahn. Dort wird sie von einer Menschentraube in die U3 geschoben, die sie wie immer vollkommen fahrerlos an ihr Ziel bringen wird.

*Chmu86, AJ110506 Ramsauer41, CC BY-SA 3.0

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