Energiewende beim Bierbrauen

Den Weg zur Kaiser Bräu, der Traditionsbrauerei in Neuhaus an der Pegnitz, ist mit geschlossenen Augen zu finden. Einfach der Nase nach, denn der Geruch von Maische liegt in der Luft. Vor der Brauerei ist der Duft noch intensiver, ein neuer Sud wird gerade gebraut.

Ein Beitrag von Aileen Gonda

Umrüstung in der Traditionsbrauerei

In den riesigen kupferfarbenen Kesseln, die gleich in der Eingangshalle stehen, befindet sich die Würze für einen Weißbier-Sud. Braumeister Stefan Benaburger (27) lehnt in einem blauen Arbeitsoverall vor den Kesseln, die in einer lichtdurchfluteten Halle stehen. Durch die riesigen Fenster scheint von allen Seiten die Sonne herein, die die Halle aufheizt. Benaburger fährt sich durch seine braunen Locken und denkt an den enorm hohen Energieeinsatz, der gerade für die Würze benötigt wird. „Die Temperatur ist so eingestellt, dass die Würze nicht kocht, sondern lediglich heiß ist. Im nächsten Schritt steht das Abkühlen an, das ist noch energieintensiver.“ Da bringt drei-Grad-kaltes Eiswasser die extrem heiße Würze mit 96 Grad auf eine Temperatur von sechs Grad; erst dann gelangt sie in den Gärkeller.

Würzepfanne zum Weißbierbrauen Foto: Aileen Gonda

Mit Hilfe von Pumpen fließt das Bier in große silberne Lagertanks, wo es zwischen drei und sechs Wochen reift, bis es zur Abfüllung bereit ist. „Der gesamte Brauprozess ist sehr energieintensiv, wobei die Kühlung und der Einsatz der Pumpen unsere größten Energiefresser sind“, erklärt Benaburger. Wenn es Sommer wird und die Biergarten-Saison beginnt, braut die Kaiser Bräu wieder mehr Sude. „Zu dieser Jahreszeit wird am meisten Energie zum Bierbrauen eingesetzt“, berichtet Benaburger. „Bei der Planung, welche Sorten wir in welcher Reihenfolge produzieren, berücksichtigen wir stets die Wirtschaftlichkeit und die höchst mögliche Energieeinsparung.“ Die Kosten sind im Sommer und Winter jedoch fast identisch: im Sommer benötigt die Brauerei mehr Strom zum Bierbrauen als im Winter, aber in den kalten Monaten steigen die Heizkosten enorm. Die Bierkästen stehen in den Hallen bis ein Lieferant sie abholt. Wäre es nicht warm, würden die Bierflaschen aufgrund der Kälte platzen.

Wasser und Biogas aus betriebseigenen Anlagen

Die Brauerei benötigt nicht nur bei der Bierproduktion viel Energie, sondern auch bei der Flaschenreinigung und -befüllung. Eine Reinigungsmaschine entfernt zunächst die Altetiketten von den braunen Glasflaschen; danach werden sie mit einer 80 Grad heißen Natronlauge und klarem Wasser gereinigt. Eine weitere Maschine füllt die sauberen und kontrollierten Flaschen mit frischem Bier. Dies geschieht alles in einer extrem hohen Lautstärke, da die Flaschen auf dem Fließband klirren, die Bierkästen klappern und die Maschinen das Bier pumpen. Jeder Mitarbeiter trägt in dieser Halle einen Gehörschutz.

Da massenhaft Wasser in dem Betrieb gebraucht wird, entschied sich die mittelständische Privatbrauerei 1990, einen 35 Meter tiefen Brunnen zu bohren. „70 Prozent aller Brauereien haben einen eigenen Brunnen, um sich selbst zu versorgen“, schildert Peter Zacharias vom Bayerischen Brauerbund. Der Experte für Brauereien und Geschäftsführer des Brauerbundes mit Sitz in München berichtet aber auch, dass die wenigsten Braustätten eine eigene Kläranlage haben. Die Kaiser Bräu hat eine. „Da in Kläranlagen Bakterien sind und diese Nahrung brauchen, können kleine Brauereien keine eigene Anlage besitzen. Die Bakterien würden unter einer Mangelernährung leiden, deswegen ist eine kontinuierliche Produktion über mehrere Tage in der Woche notwendig“, so Zacharias. Die Kaiser Bräu geht sogar noch einen Schritt weiter und nutzt die Kläranlage, um erneuerbare Energien zu produzieren. „Früher wurde das Biogas der Kläranlage einfach abgefackelt. Nun haben wir einen Kombibrenner, der das Gas in Dampf umwandelt. Diesen benötigen wir, um Heißwasser für den Betrieb, die Reinigung und Sterilisation bereitzustellen“, berichtet Braumeister Benaburger. Zu 69 Prozent kommt die benötigte Energie aus flüssigem Gas, Biogas und Heizöl. Die restlichen 31 Prozent sind Strom.

Aufstieg zu den Flachdächern

In die Kühlung steckt die Brauerei am meisten Energie: 40 Prozent des Gesamtstroms. In Eigeninitiative hat sie letztes Jahr das gesamte Kühlsystem umgebaut und modernisiert. Die Einsparung durch dieses Projekt beträgt 15 Prozent des vorherigen Verbrauchs. Benaburger erklärt, dass 20 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energien kommt. Doch woher? Auf dem Gelände sind keine Wind- oder Wasserräder in dem angrenzenden Fließgewässer zu sehen. Benaburger steigt die Treppen in einer Produktionshalle nach oben und nach ungefähr 900 Stufen und gefühlten 1.000 verbrannten Kalorien blickt man auf die Hallen herab: Auf nahezu allen Flachdächern der Brauerei sind Photovoltaik-Anlagen installiert. „Den erzeugten Solarstrom nutzen wir in den sonnenschwachen Monaten zu 100 Prozent selbst zum Bierbrauen. In sonnenstarken Monaten können wir zusätzlich noch in das Stromnetz einspeisen“, erklärt der Braumeister, der sich seit September 2016 „Energiemanagementbeauftragter“ nennen darf.

Photovoltaikanlage der Kaiser Bräu Foto: Aileen Gonda

Frische Ideen des Energieteams

2016 führte die Kaiser Bräu das Qualitäts- und Umweltmanagementsystems ein, anschließend das Energiemanagementsystem. Durch die Zertifizierung muss Benaburger genaustens aufschreiben, wie hoch der Energieverbrauch ist und an welchen Stellen eine Energieeinsparung möglich wäre. Mit ein paar Kollegen bildet er das sogenannte „Energieteam“, das Projekte und Ideen entwickelt, um den Energieeinsatz zu verbessern. Nachdem im letzten Jahr die Modernisierung der Kühlung ein voller Erfolg war, ist nun geplant, das Druckluftnetz mit energiesparenden Kompressoren zu optimieren. „Durch den Umbau des gesamten Kühlungssystems konnten wir von 2016 bis 2017 bereits einen großen Teil der Investitionskosten amortisieren“, meint Benaburger.

Energieteam der Kaiser Bräu Foto: Aileen Gonda

Er ist stolz, dass die Kaiser Bräu so viel Eigeninitiative aufbringt, um Energie und somit Geld einzusparen. Doch eine sehr hohe Rechnung kommt jedes Jahr wieder. „Was uns immer enorm viel Geld kostet, ist die EEG-Umlage, von der wir nicht ausgenommen sind“, erklärt er. Diese liegt im Jahr 2017 bei 6,8 Cent pro Kilowattstunde. Diese Umlage muss in Deutschland jeder Endverbraucher zahlen. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) soll den Ausbau der Erneuerbaren und somit die Energiewende vorantreiben. „Da wir ein energieintensives und zertifiziertes Unternehmen sind, können wir allerdings einen Spitzenausgleich vornehmen und bekommen die Kosten teilweise rückerstattet“, erklärt Benaburger.

In seinem Büro schlägt er einen gut gefüllten Ordner auf und liest die Steuern vor, die teilweise wegfallen: Energiesteuer, Stromsteuer und die Kraft-Wärme-Steuer. Von der EEG-Umlage ganz ausgenommen zu werden, wäre eine größere Entlastung. Kleinere Brauereien haben es da noch schwerer. Sie zahlen ohnehin höhere Preise für Strom, Wasser, Gas und Heizöl, weil sie weniger abnehmen. Eine Zertifizierung erfordert außerdem geschultes Personal und ist sehr zeitintensiv, das können kleine Brauereien nicht aufbringen. Die Kaiser Bräu kann sich das leisten, da sie bei einer Bierproduktion von 250.000 Hektoliter im Jahr gut dasteht. Auch die Motivation der Mitarbeiter und geschultes Personal sind vorhanden. Der engagierte Energiemanagementbeauftragter ist jeden Tag auf der Suche, um Maschinen und Abläufe in der Brauerei zu verbessern. Doch jetzt ist er erst mal auf dem Weg, das Weißbier fertig zu brauen. Der Sommer steht vor der Tür, auch er gönnt sich dann das ein oder andere Weißbier, seine Lieblingsbiersorte.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert