Gesundheit, jetzt auch digital erhältlich

Nichts findet heute mehr ohne digitalen Wandel statt. Wurde dieser bis vor kurzem mit Technik und Kommunikation in Verbindung gebracht, ist nun die Gesundheitsbranche an der Reihe. Besonders Smartphones könnten in Zukunft als Werkzeuge im Gesundheitswesen genutzt werden.

Unter dem Schlagwort „Digital Health“ wurde auf der Web Week 2017 dazu eingeladen, mehr über die Möglichkeiten und Anwendungen der digitalisierten Gesundheitsbranche zu erfahren. Joss Hertle, geschäftsführender Gesellschafter bei xeomed, erzählt in seinem Vortrag: „Das Internet ist ein Segen für die Menschheit, weil wir nicht mehr einfach hinnehmen müssen, was der Arzt uns sagt. Die Zeit der weißen Engel ist vorbei.“ Ging man früher direkt zum Hausarzt, wird heute Dr. Google schnell zur Lösung von gesundheitlichen Problemen herangezogen. Jeden Tag werden über 180.000 Suchanfragen zum Thema Erkältung gegoogelt. Die Firma xeomed arbeitet daran, den Content individuell auf den Patienten anzupassen, oder wie Hertle meint: „Gerade bei Gesundheit ist es wichtig, dass Menschen die richtige Antwort bekommen.“

App statt Arztbesuch

 

Dr. Tobias Gantner und Christian Bühnemann auf der Veranstaltung Digital Health. Foto: Celine Pickel

Doch die Zukunft bietet weitaus mehr als Dr. Google. Apps für Fitness und Gesundheit liegen derzeit voll im Trend. Der Medizinstudent Daniel Pauli sagt: „Besonders bei den angebotenen Apps der Krankenkassen sollte man auf seine Daten achten. Natürlich liegt es immer am Patienten, ob er eine App als Unterstützung annimmt. Bei richtiger Benutzung können diese aber eine hilfreiche Stütze sein.“ Der nächste Schritt ist die Entwicklung des Smartphones zum Defibrillator oder zu einer App, die über einen Sensor an der Toilette einen Urintest durchführt. Dr. Tobias Gantner erklärte in seinem Vortrag, wie seine Firma Health Care Futurists in Zusammenarbeit mit Audi an einem Diabetespflaster arbeitet. Dieses ist mit dem Auto gekoppelt und warnt, falls der Blutzucker zu niedrig ist. Für die Zukunft sagt er voraus, dass Mediziner, die keine Homepage haben, für die Gesellschaft unsichtbar werden. Trotz der Digitalisierung gibt es noch viele Ärzte, die sich dagegen sträuben und in Zukunft die meisten Patienten nicht mehr erreichen werden. „Schön wäre eine digitale App, um den Arzt direkt anfunken zu können“, findet auch Hertle. Dies würde sowohl dem Patienten als auch dem Arzt Zeit sparen und der Betroffene müsste nicht für jedes Attest, Rezept oder einen kleinen Schnupfen den Weg in die Praxis auf sich nehmen.

Entwicklungen wird es auch im Bereich der Gesundheitskarte geben. Diese soll einen Datensatz enthalten, von dem zum Beispiel Diagnosen, Rezepte, Medikamente, Allergien und Unverträglichkeiten des Patienten im Notfall abgerufen werden können. Patienten entscheiden ab 2018 freiwillig, ob sie diese Anwendungen nutzen wollen. In Krankenhäusern gibt es vielerorts schon elektronische Krankenakten, die per Tablet vom Arzt eingesehen werden können.

Zukunft im Blick

Joss Hertle und der Veranstaltungsleiter Christian Bühnemann. Foto: Celine Pickel

Doch das größte Thema der nächsten 30 Jahre wird sein, Erkrankungen zu verhindern. Nanoroboter sollen vorsorgen, indem sie Brandherde, in denen sich Krankheiten einnisten können, entdecken. Die Roboter sollen zukünftig nur noch so groß wie ein Blutkörperchen sein und sich selbstständig durch Körperzellen bewegen. In der Krebsforschung werden derartige Geräte schon eingesetzt. Was sich jetzt noch nach Science-Fiction anhört, könnte schneller Realität werden, als wir es uns vorstellen.

 

Interview mit Joss Hertle,
geschäftsführender Gesellschafter bei xeomed GmbH & Co. KG

 

Joss Hertle. Foto: Celine Pickel

Worin sehen Sie die Chancen und Risiken von Big Data?

Ich gehe davon aus, dass Menschen bereit dazu wären, viele Daten von sich preiszugeben, wenn es ihnen hilft, gesund zu werden. Wenn ich unheilbar krank wäre und es eine neue technologische Entwicklung gäbe, für die man Daten braucht, um eine richtige zu diagnostizieren, denke ich, werden Patienten einige Daten von sich zur Verfügung stellen. Allerdings brauchen wir auch einen rechtssicheren Raum, um den Verbraucher zu schützen.

Kann es zu negativen Folgen kommen, wenn Krankenkassen an diese Daten gelangen?

Es besteht immer eine Gefahr, dass Staaten, einzelne Interessengruppen, kommerzielle Unternehmen oder auch Krankenkassen profitgesteuert sind. Das müssen andere Menschen klären. Das ist natürlich ein heißes Thema. Es ist Aufgabe der Politik, dafür die richtige Vorgehensweise zu finden.

Wird derzeit an einer Website gearbeitet, die durch Schlagwörter bessere Ergebnisse zu Krankheiten liefern kann?

Vor ein paar Jahren wurde in Amerika Google Health gegründet. Dahinter steht allerdings nicht das Unternehmen Google, es stellt nur seinen Algorithmus zur Verfügung. Die Plattform wird von einer Vielzahl von Ärzten betrieben, die profunde Krankheitsbilder schreiben. Die Herausforderung liegt darin, dass der Algorithmus nicht zwischen Gut und Böse unterscheidet. Für ihn ist alles ein Text. Deswegen sind alle Gesundheitsplayer auch angehalten, in digitales Marketing und in digitale Technologien zu investieren, damit Patienten relevanten Inhalt finden, der gut geschrieben und gut konsumierbar ist und der ihnen hilft, schneller zur Lösung zu kommen.

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