Von Bastlerbedarf und Titanturbinen

Wer bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro im vergangenen Jahr in seiner Disziplin unter die besten drei kam, wurde nicht nur mit einer der begehrten Medaillen geehrt. Der Sportartikelhersteller Adidas schenkte jedem erfolgreichen Athleten

ein Paar Schuhe in den Farben Gold, Silber und Bronze. Das Besondere: Die Schuhe waren die Ersten ihrer Art, die mithilfe von 3D-Druck gefertigt wurden.

CAD ist für den 3D-Druck unerlässlich. Foto: Carl Nowak

Auf der Veranstaltung 3D-Druck Insights der Nürnberg Web Week werden dem Bastler wie dem Unternehmensvertreter Einblicke in die Welt der digitalen Druckverfahren gegeben. Zunächst findet eine kurze Einführung in die Konstruktionspraxis mit dem CAD-Programm SolidWorks statt. Danach erklärt der Abteilungsleiter beim Nürnberger 3D-Druck Dienstleister CHH IT Solutions, Christoph Hubrich, die Grundlagen der „additiven Fertigung“, wie Experten den 3D-Druck häufig bezeichnen. „Es kommt darauf an, welche Anforderungen man hat“, erklärt Hubrich.  Die häufigste Methode ist das FDM-Verfahren. Dabei wird ein Plastikdraht geschmolzen und von einer beweglichen Düse auf eine beheizte Platte aufgetragen. Schicht für Schicht baut der Drucker dann das Plastikmodell auf. Die Materialkosten sind dabei gering. Eine Rolle Plastikdraht, genannt Filament, kostet etwa 20 Euro. Da das Gerät die Erzeugnisse in der Regel nicht als Vollkörper druckt, sondern sie teilweise hohl lässt, kann Material eingespart werden. Im Vergleich zu klassischen subtraktiven Verfahren wie Drehen und Fräsen ist der Materialverbrauch bei der additiven Fertigung niedrig. Beim Fräsen bleiben nicht selten nur zehn Prozent des Ausgangsmaterials als fertiges Erzeugnis übrig.

Vielseitigkeit ist Trumpf

 

Hubrich startet einen kleinen Drucker. Dazu benötigt er lediglich einen USB-Stick und ein paar Tastenbefehle. Nach einer kurzen Aufheizphase beginnt das Gerät sirrend mit der Fertigung. Die Vorarbeit ist dabei entscheidend, denn das Modell aus dem CAD muss zunächst mithilfe einer „Slicing-Software“ lesbar gemacht werden. Es entsteht ein Schichtmodell, das der 3D-Drucker nun lesen und aufbauen kann.

Auch in der Zahntechnik spielt der 3D-Druck mittlerweile eine wichtige Rolle. Foto: Carl Nowak

Was in den 1980er und 90er Jahren als schnelle Methode zur Herstellung von Prototypen und Modellen aufkam, ist mittlerweile ein weltweit gängiges Produktionsinstrument. Die zahlreichen Druckverfahren und einsetzbaren Materialien machen den 3D-Druck sowohl für den Hobby-Modellbauer als auch die Hightech-Industrie nutzbar.

Die Industrie produziert mittlerweile auch mit 3D-Druck in Serie. Der Luftfahrtriese Boeing verwendet beim 300 Millionen Dollar teuren 787 Dreamliner 3D-gedruckte Strukturteile aus Titan. Ein norwegischer Zulieferer übernimmt die Fertigung der Komponenten. Durch den Einsatz von 3D-Duck spart Boeing circa drei Millionen Dollar pro Flugzeug ein. Der Organisator von 3D-Druck Insights Frank Christlein ist überzeugt, dass auch in der Metropolregion Nürnberg zahlreiche Unternehmen bereits 3D-Druck nutzen und es noch zahlreiche potenzielle Nutzer gibt. Denn neben den Herzogenauracher Textilkonzernen Adidas und Puma setzt auch Siemens auf 3D-Druck. Bei der Produktion von Gasturbinen kann Siemens die Turbinenschaufeln mittlerweile aus einer Nickel-Superlegierung drucken. Das Material ist standfest genug, um den enormen Drücken bei Geschwindigkeiten von über 1600 Stundenkilometer und den Temperaturen von bis zu 1200° Celsius in der Turbine zu widerstehen.

Weiterentwicklung des 3D-Drucks

 

Dennoch hat der 3D-Druck noch Verbesserungspotenzial. Das Hauptproblem sind die langen Verfahrzeiten. Nach Ende der einstündigen Präsentation Hubrichs ist das kleine Teil noch immer nicht fertig. Die Herstellung kleiner, einfacher Gegenstände kann mehrere Stunden in Anspruch nehmen  ein Faktor, der einer Serienfertigung in Unternehmen im Weg steht. Eine hohe Stückzahl kann nur mit einer entsprechend hohen Anzahl an Geräten bewerkstelligt werden. Des Weiteren bieten nur Druckerzeugnisse aus Hightech-Verfahren, wie dem Selektiven Lasersintern, eine hohe Belastungsfähigkeit. Dabei wird Plastik-oder Metallpulver mithilfe eines Lasers zu einem Gegenstand zusammengeschmolzen.

Die Druckgeschwindigkeit wird sich in den nächsten Jahren weiter erhöhen. Foto: Carl Nowak

Die Entwicklung geschieht jedoch schnell: Hubrich berichtet von neuen Druckern, die mittlerweile sogar mehrere Materialien parallel verarbeiten können. Dadurch erspart sich der Nutzer einen Wechsel des Filaments. Auch die Verfahrzeiten sollen sich in Zukunft um das Vierfache verkürzen. Das Problem ist dabei die Zeit, die das geschmolzene Material zum Aushärten braucht. Ist die vorangegangene Schicht noch flüssig, kann die nächste nicht sauber aufgetragen werden.

Der 3D-Druck boomt. Die Verfahren erlauben eine enorme Vielseitigkeit der Nutzung. Stärken sollen ausgebaut, Schwächen eliminiert werden. Ob der 3D-Druck eine industrielle Revolution auslösen kann steht in den Sternen. Interessant wird es jedoch, womit die siegreichen Olympioniken bei den Spielen 2020 im Technikmekka Tokio geehrt werden.

 

Interview mit Frank Christlein, Organisator von 3D-Druck Insights und Mitarbeiter der Grundig Akademie

 

Frank Christlein organisiert gemeinsam mit Michael Fohrn die Veranstaltung 3D-Druck Insights. Foto: Grundig Akademie

Was anfangs zur schnellen Herstellung von Anschauungsmaterial und einfachen Prototypen gedacht war, hat sich mittlerweile zum Tool für Hobby-Bastler aber gleichzeitig auch für die Industrie weiterentwickelt. Die Veranstaltung 3D-Druck Insights auf der Nürnberg Web Week hat mit einer direkten Demonstration einer Konstruktion und des Drucks sowie mit zwei Expertenvorträgen einen Einblick in die Welt der additiven Fertigung gegeben. Einer der Organisatoren, Frank Christlein, stand zudem für ein kurzes Interview zur Verfügung.

 

Die Web Week ist extrem IT-lastig, 3D-Druck hingegen eher klassisch mechanisch. Wieso bieten Sie eine Veranstaltung zu dem Thema an?

Wir, die Grundig Akademie, bieten einen Kurs zum Thema 3D an und wir dachten uns, aus diesem Bereich sollte auch etwas kommen. Es gibt ja die Verbindung vom CAD zum 3D-Druck. Da liegt unsere Verbindung zum Digitalen. Und natürlich wollen wir immer etwas Neues anbieten, wo die Leute etwas lernen können.

Richtet sich Ihre Veranstaltung eher an interessierte Hobby-Bastler oder an die Industrie, speziell kleinere Betriebe?

Die Zielgruppe ist tatsächlich der eher kleinere Betrieb, der sich zu dem Thema informieren will, um es eventuell in der Firma einzuführen. Aber auch einzelne Abteilungen von größeren Unternehmen.

Wie groß ist die Bedeutung von 3D-Druck für den Standort Nürnberg?

Schwer zu sagen. In der Medizintechnik spielt der 3D-Druck eine große Rolle, in der Autoindustrie auch. Dementsprechend würde ich schon sagen, dass es hier viele Kunden oder zumindest potenzielle Kunden gibt.

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