Von Südamerika – über Asien – bis nach Deutschland

Als ich Olaf Watanabe Suhett, den 28-jährigen Brasilianer aus Rio de Janeiro, in der Friedrich-Alexander-Universität treffe, kommt er mir freundlich entgegen – doch wie jeder Student zur Prüfungsphase, gestresst.

Ein Beitrag von Martin Hasior

Schnell finden wir einen gemütlichen Platz, um ein Gespräch anzufangen. Schon in den ersten Sätzen vermittelt der 28-jährige Brasilianer viele Eindrücke, immerhin hat er schon auf fast jedem Kontinent gelebt. Als er 18 war, ist er ausgewandert. Zuerst zwei Jahre Kanada, dann dreieinhalb Jahre Süd-Korea, dann ein Jahr Deutschland. Danach folgte ein Jahr in Chile und nun ist er wieder in Deutschland. Dies ist ungewöhnlich, da die meisten Brasilianer dort Leben, wo ihre Familie lebt. Die Verbindung zur Familie ist in Brasilien wichtiger als in Deutschland. Doch gibt es auch viele Gemeinsamkeiten. Die Menschen in Brasilien wollen, wie auch die in Deutschland, Jobs bekommen, die sie für die Zukunft absichern. Beliebte Berufe sind vor allem die, die in Verbindung mit der Regierung beziehungsweise dem Staat gebracht werden können. Das Ziel – verbeamtet werden. Sicherer Lohn, keine Furcht vor Arbeitslosigkeit, doch nicht für Olaf. Er möchte einfach nur glücklich sein. Er strebt nicht nach Reichtum oder Ansehen. Solang er das tun kann, was er liebt, ist er zufrieden. Da in Brasilien aber gewiss nicht alles so läuft, wie es sollte, möchte er in Europa bleiben.

Olaf, zweiter von links, mit seinen Freunden. Foto: Martin Hasior

Asien ist ausgeschlossen, Amerika auch. Olaf sagt: „in den USA scheint alles ein Geschäft zu sein. Alles dreht sich um das Geld.“ Außerdem wären Europäer offener und gebildeter. „Das ist zumindest mein Eindruck“, fügt Olaf hinzu.

Europäer seien sich gar nicht bewusst darüber, wie gut es ihnen geht. Der politisch interessierte Student sieht die Entwicklung in Brasilien sehr kritisch. „Korruption, es ist gefährlich, Armut, all das sind Dinge, die man ändern müsste, aber egal wen man wählt, die Korruption bleibt und nichts ändert sich.“ Auch Großveranstaltungen, wie die Fußballweltmeisterschaft 2014, wurden scharf kritisiert. „Unnötige Ausgaben. Die Gelder könnte man deutlich besser verwenden. Zum Beispiel für unsere Infrastruktur, oder das Gesundheitssystem“, sagt Olaf. Doch eine positive Änderung hat es gebracht, „deutlich mehr Touristen kommen nach Brasilien“, führt er weiter aus.

Doch scheint es, als wären Großveranstaltungen nur mittel zum Zweck, um die Bevölkerung von Problemen abzulenken. Seien es Olympische Spiele, Weltmeisterschaften, oder sogar die weltberühmten Karnevalszüge in Rio de Janeiro.

„Ich weiß es könnte überall besser sein und Verbesserungen sind nötig, aber ich habe oft das Gefühl, dass Europäer gerne jammern. Vieles ist sehr gut bei euch. Leider wissen das viele anscheinend nicht zu schätzen“, sagt Olaf. „Wir haben so viele Probleme. Wir bekommen täglich schlechte Nachrichten. Vergewaltigungen, tote Drogendealer, Bandenkriege.“ Er glaubt, dies sei ein Grund für die grundsätzlich pessimistische Einstellung vieler Brasilianer.

Nicht immer galten Deutsche in Brasilien als freundlich und hilfsbereit, doch das hat sich geändert. Viele deutsche Touristen haen in Brasilien den Eindruck hinterlassen, sehr offen, gebildet und „komplett“ zu sein. „Ihr kümmert euch um alles, seid organisiert, die Umwelt kommt nicht zu kurz, kümmert euch um Freunde und Familie und um den Job. Ihr habt vieles gesehen und wirkt dadurch kompletter als andere, so mein Eindruck“, sagt Olaf. Er kann sich eine Zukunft in Deutschland vorstellen, vielleicht nicht für immer, aber auf jeden Fall für einige Zeit. Das passende Outfit hat er sich jedenfalls schon zugelegt.

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