Alternative zur Wegwerfgesellschaft

Das alte Smartphone ist technisch überholt, die Kleidung nicht mehr in Mode oder Haushaltsgegenstände gefallen einfach nicht mehr. Selten sind die Gegenstände wirklich kaputt, wenn sie weggeworfen werden.

Der Umsonstladen in Erlangen setzt genau an diesem Punkt an und bietet Verbrauchern eine Art Tauschbörse. Auf Basis von Ehrenamt und dem guten Willen der Verbraucher ermöglicht er Menschen, Dinge abzugeben, die sie nicht mehr benötigen, oder Sachen mitzunehmen, die ihnen gefallen – ohne dafür zu bezahlen. Tina Hauser (48) engagiert sich seit fünf Monaten ehrenamtlich im Umsonstladen. Die dreifache Mutter arbeitet in einer Erlanger Bäckerei und ist Schöffin beim Landgericht in Nürnberg. In ihrer Freizeit steht sie im Umsonstladen.

Was hat dich dazu bewegt, dich ehrenamtlich zu engagieren?
Ich habe mich eigentlich schon immer ehrenamtlich engagiert. Dabei stand immer im Vordergrund, dass mir das Ehrenamt auch Spaß macht. Ich kannte meine Vorgängerin im Umsonstladen sehr gut und bin auch selbst immer zum Klamottentauschen gekommen. Irgendwann hat sich das dann so ergeben, als meine Vorgängerin aufgehört hat.

Also ein Zufall. Du wolltest dich nicht explizit in diesem Nachhaltigkeitsbereich engagieren?
Das zwar nicht, aber trotzdem ist mir Nachhaltigkeit sehr wichtig. Das spiegelt sich auch in meinem Privatleben wider. Als Mutter mache ich das ganz automatisch. Sobald meine Kinder aus ihren Klamotten rausgewachsen sind, habe ich die Sachen neugebackenen Müttern gegeben. Im Gegenzug habe ich Sachen von anderen Müttern bekommen, deren Kinder nicht mehr in dem Alter waren. Der Umsonstladen ist also eine Fortführung meines Privatlebens.

Tina Hauser holt sich ihre Kleidung auch selbst immer aus dem Umsonstladen. Foto: Sabrina Huf

Für dich wäre es also keine Option, alte Babykleidung einfach wegzuschmeißen?
Um Gottes Willen. Für mich ist es überhaupt gar keine Option irgendetwas wegzuschmeißen. Wenn du mich in meiner Wohnung besuchen würdest, würdest du feststellen, dass ich ganz viele gebrauchte Gegenstände von Anderen habe. Beispielsweise habe ich mein Sofa von einer Freundin geschenkt bekommen, weil sie sich ein neues gekauft hat. Ich fand, das Sofa war noch gut, und jetzt steht es bei mir. Genauso geht es mir mit Schränken. Meine Wohnung besteht hauptsächlich aus geschenkten, geerbten und getauschten Sachen.

Wie findest du es, dass die Mehrheit der Menschen nicht so bedacht handelt? Oft werden alte Sachen ja einfach weggeworfen.
Ganz schlimm. Auch Altkleidercontainer. Niemand weiß, was mit den Klamotten wirklich passiert. Kommen sie wirklich zu den Bedürftigen? Wird es in Dritte Welt Ländern oder Osteuropa weiterverkauft? Wird es geschreddert?

Der Trend zur Wegwerfgesellschaft betrifft ja nicht nur Kleidung. Vor allem Elektronik wird oft sehr schnell aussortiert. Wann hast du zuletzt ein neues Handy gekauft, obwohl dein altes noch funktioniert hat?
Ich glaube, ich habe mir noch nie ein Handy gekauft. Bis jetzt habe ich immer von Familie oder Freunden gebrauchte bekommen. Bei anderer Elektronik ist es ähnlich, wobei ich keinen Fernseher oder Laptop habe. Ich bestelle auch nicht online. Das sage ich auch immer zu meinem Sohn. Allerdings ist er 16 und lässt sich nicht davon abbringen.

Deine Kinder sind also nicht davon begeistert, dass du so stark auf Nachhaltigkeit achtest?
Meine Töchter schon. Meine Große ist mittlerweile ausgezogen und holt sich ihre Sachen auch immer im Umsonstladen. Sie kauft sich kaum neue Sachen. Meine Töchter wollten auch beide etwas aus dem Umsonstladen zu Weihnachten. Das ist natürlich super, das an die nächste Generation weiterzugeben. Als ich mit meiner Tochter ihr Badezimmer ausgeräumt habe, haben wir angebrochene Hygieneprodukte aussortiert. Die haben wir dann auch in den Umsonstladen gebracht. Das war ganz lustig. Ich habe den Karton hier vorne auf der Theke abgestellt, um die Sachen später einzuräumen. Nach ein, zwei Stunden war nichts mehr da. Da habe ich erstmal an mir selbst gezweifelt: Habe ich es doch schon einsortiert? Aber nein, das war einfach schon weg.

Also sind Hygieneprodukte sehr begehrt im Umsonstladen?
Ja, auch Schmuck ist sofort weg. Am häufigsten gebracht und mitgenommen werden aber eigentlich Klamotten. Im Schnitt bringen die Leute vier Umzugskartons pro Schicht. Da ist teilweise Kleidung dabei, die noch ein Preisschild dran hat, oder auch Markenklamotten. Ich habe beispielsweise gerade einen Pullover aus dem Umsonstladen an, der von JOOP ist.

 

Der Großteil der Kunden im Umsonstladen ist weiblich, aber auch immer mehr Jungs und junge Männer nehmen das Angebot wahr. Foto: Sabrina Huf

Also Kleidung, die auch weiterverkauft werden könnte?
Ja, wobei das natürlich nicht immer so ist. Manchmal müssen wir den Leuten die Sachen auch wieder mitgeben, weil die fleckig oder löchrig sind.

Wie reagieren die Kunden darauf?
Manchmal nicht so toll. Die sehen dann nicht ein, dass sie die Kleidung wieder mitnehmen müssen, oder sie wollen, dass wir dankbar sind, dass sie Sachen vorbeibringen, die eigentlich Müll sind. Aber manche Menschen sind einfach dreist. Auch wenn sich die Kunden um Sachen streiten, denkt man sich seinen Teil. In der Regel nehmen die Kunden das Angebot aber sehr gerne an und verhalten sich auch super.

Das Konzept des Umsonstladens basiert auf dem guten Willen der Kunden. Gibt es manchmal Probleme, dass nicht genug vorbeigebracht wird?
Es wird mehr gebracht als mitgenommen wird. Also entsteht eher ein Überschuss. Trotzdem passiert es sehr selten, dass Sachen gar nicht weggehen. Wir sind immer in engem Kontakt zu Sozialkaufhäusern und geben denen Sachen, die bei uns nach sechs Wochen immer noch nicht weggegangen sind. Das passiert aber sehr selten.

Der Umsonstladen ist also wie ein Secondhandladen?
Nur umsonst!

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