Ziel Beim Billard ist es möglichst schnell die Kugeln zu versenken. Foto: Svenja König

Die Königsdisziplin des Billards

Sechs Löcher, acht Kugeln und ein Ziel: Möglichst viele Kugeln lochen. Dabei geht es auch darum, den Spielball gut für den nächsten Zug abzulegen. Im Profi-Billard werden dafür 70 Prozent aller Stöße mit Effet gespielt. Effet ist die Königsdisziplin des Billards und macht es zum Hochpräzisionssport.

Robert legt den Queue auf seinem Daumen und Zeigefinger ab. Er überprüft noch einmal die Stellung seiner Hand im Vergleich zur grünen Kugel. Sollte passen, denkt er sich und stößt die weiße Kugel an. Die Freude ist groß, als die rote Kugel ins Loch rollt, wird aber wieder gemindert, als der Spielball, also die weiße Kugel, hinter ihr her eingelocht wird. Was ist schief gegangen?

„Das Effet ist eine Rotation, die man der weißen Kugel mitgibt. Dadurch kann man ihre Bahn steuern und anpassen, um sie richtig für den nächsten Zug zu positionieren. An der Bahn der farbigen Kugel ändert das kaum etwas“, weiß der ehemalige Snooker-Profi Patrick Einsle.

Stößt man eine Billardkugel genau mittig an, wird sie zunächst über den Tisch rutschen, bevor die Rollbewegung einsetzt. Zu sehen ist das aber nur in Zeitlupe. Nach Kontakt mit der farbigen Kugel, bleibt der Spielball näherungsweise an der Stelle der Berührung liegen bleiben.

Zurückrollende Kugeln

Wendet man hier den Rückläufer an, so rollt die Weiße nicht ins Loch. Foto: Svenja König

Wendet man hier den Rückläufer an, so rollt die Weiße nicht ins Loch. Foto: Svenja König.

„Jetzt pass mal auf – ich zeig dir mal wo der Hammer hängt“, sagt Roberts Freund Ralf. Er zielt auf die blaue Kugel und locht diese souverän. Anders als erwartet, bleibt die weiße Kugel nicht an der Stelle der Berührung liegen, sondern rollt zurück in die Richtung, aus der sie kam. „Da staunst du, was?“

Ralf hat den Spielball etwas unterhalb der Mitte angespielt, sodass er einen Rückwärtsdrall annimmt. Dadurch rollt er nach der Berührung mit dem Objektball auf seiner Bahn zurück. Hätte Ralf die weiße Kugel oberhalb der Mitte angespielt, hätte sie einen Vorwärtsdrall angenommen und wäre dem Objektball gefolgt. Daher ist die weiße Kugel bei Roberts Stoß hinter der farbigen Kugel ins Loch gerollt. Hätte Robert sie unten angespielt, hätte das vermieden werden können.

Effet löst unlösbare Situationen

„Aber manchmal gibt es beim Billard Situationen, die sind mit einem normalen Stoß nicht lösbar, oder bringen die weiße Kugel in eine schlechte Position für den nächsten Stoß“, sagt Patrick Einsle. „Effet löst unlösbare Situationen, denn so können die Winkel beeinflusst werden, mit denen die Kugel von der Bande weggeht.“

Rechtes und Linkes Seiteneffet mit Bande. Foto: Svenja König

Rechtes und Linkes Seiteneffet mit Bande. Foto: Svenja König.

Berührt der Spielball die Bande ohne Effet, ist der Winkel, mit dem die Kugel von der Bande wieder weggeht, derselbe wie der Einfallswinkel. Eine Rotation der Kugel nach rechts oder links verändert dieses Verhalten. So verlässt die Kugel ihre gerade Bahn und läuft entgegengesetzt zur Drallrichtung. Wird eine Kugel also rechts angespielt, wird sie nicht gerade auf die Bande zu laufen, sondern die Bande weiter links berühren. Die Richtung, in der die Kugel die Bande verlässt, ist analog zum Anspielpunkt. Am Beispiel: Wird die Kugel rechts angespielt, berührt sie die Bande weiter links und geht nach rechts weg.

Die Königsdisziplin beim Billard ist, das seitliche Effet mit Vorwärts- oder Rückwärtsdrall zu verbinden. Dadurch können nicht nur die Winkel an der Bande beliebig spitz oder stumpf gestaltet, sondern auch gesteuert werden, wie weit die Kugel sich von der Bande wegbewegt.

Zielen entlang einer virtuellen Linie

„Das zu kombinieren ist schon schwer“, sagt Patrick Einsle. „Durch das Seiteneffet wird der Stoß sehr viel schwieriger, deshalb versucht man in erster Linie immer ohne Effet zu spielen. Denn je mittiger man die Weiße anspielt, desto weniger Gefahr besteht, Fehler zu machen. Effet nutzt man dann, wenn es ohne nicht lösbar ist.“

Der normale Hobbyspieler, der gelegentlich mit ein paar Freunden in der Bar eine Runde Billard spielt, wird das Seiteneffet wohl seltener brauchen. Dort stehen das Zielen und das sichere Einlochen im Vordergrund. Doch der Rückzieher kann auch für gelegentliche Spieler nützlich sein, um beispielsweise die Weiße nicht mit einzulochen.

Wer beim nächsten Billardabend mit den Freunden wirklich auftrumpfen will, sollte diesen Tipp von Patrick Einsle beherzigen: „Das Wichtigste beim Billard ist das Zielen. Das macht am Anfang eigentlich jeder falsch. Wichtig ist, den Anspielpunkt genau vor Augen zu haben und von dort aus eine virtuelle Linie durch die Weiße zu zeichnen. Genau auf dieser Linie muss man auch am Tisch stehen – dann wird’s.“

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