Immer eine ruhige Hand: Wenn so nah am Glas gearbeitet wird ist Vorsicht geboten. Foto: Christopher Döltsch

Ein Tag in der Werkstatt

Der Optiker: ein Beruf, der seit Ewigkeiten existiert und an Wichtigkeit zunimmt. Kurz gesagt: Viele Menschen brauchen eine Brille, noch mehr werden in Zukunft eine brauchen. Zum Berufsalltag der Optiker gehört mehr als nur Verkaufen, wie viele denken. Ihr Job ist sehr umfassend, von Werkstatt über Sehtests bis zum Verkaufsgespräch.

Kein Tag ist wie der andere, wenn Kata Bayer hinter dem Tresen ihrer Nürnberger Apollo-Filiale steht. Den großen, hell ausgeleuchteten Verkaufsraum gut im Blick, mit dem riesigen, leuchtenden Apollo-Logo im Rücken. Wenn sie nicht gerade in der Werkstatt oder im Büro beschäftigt ist, kümmert sich die Filialleiterin um die Anliegen ihrer Kunden. „Guten Tag! Was darf ich für Sie tun?“, ertönt es von ihr immer freudestrahlend, wenn jemand den Laden betritt. Meist sind es eher kleinere Anliegen, die die Kunden in den Laden treiben. Die Abholung eines fertigen Auftrags, eine Anpassung, damit die Brille wieder richtig sitzt oder, dass eine gänzlich neue Brille benötigt wird.

Filialleiterin Kata Bayer präsentiert ihren Standort. Foto: Christopher Döltsch
Filialleiterin Kata Bayer präsentiert ihren Standort. Foto: Christopher Döltsch

Erfahrung ist das A und O

Manchmal kann es aber auch mehr sein. So wird aus einer anfangs vermuteten schnellen, kleinen Reparatur ein Gang in die Werkstatt. Diesmal ist es ein lockeres Glas. „Damit muss ich mal eben runter“, sagt Bayer zum Kunden und eilt die Treppen hinunter. Unten angelangt macht sie sich direkt ans Werk. „Alles reine Erfahrung“, sagt sie, während sie vorsichtig an der Brille herumschraubt, um das lockere Glas wieder passend einzusetzen.

Erfahrung hat die ausgebildete Optikermeisterin allemal. Die dreijährige Ausbildung hat sie 2014 bei Apollo abgeschlossen. 2020 hat sie zusätzlich ihren Meister gemacht, der zwei Jahre dauerte. Einige Zeit und ein paar Etappen auf der Apollo-Karriereleiter später wurde sie zur Filialleiterin in der größten Nürnberger Apollo-Filiale in der Innenstadt.

Auch Sehtests stehen auf Kata Bayers Tagesordnung. Foto: Christopher Döltsch
Auch Sehtests stehen auf Kata Bayers Tagesordnung. Foto: Christopher Döltsch

Mit der reparierten Brille geht es wieder hoch in den Verkaufsraum. „So schnell geht’s! Ich mache Ihnen die Brille noch sauber, dann passt wieder alles“, sagt Bayer zum Kunden, während sie die Brille ins Ultraschallbad legt. Nach Übergabe der wie neu strahlenden Brille begibt sich Bayer wieder runter in die Werkstatt. Hier springen einem sofort verschiedene Geräte und das große Wandregal mit mehreren blauen Boxen ins Auge. In diesen befinden sich die verschiedenen, noch unfertigen Aufträge. Die Geräte in der Werkstatt sind ein unverzichtbarer Teil für einen reibungslosen Tagesablauf. Schleifmaschine mit Tracer, Handschleifautomat, Ventilette; all das sind Dinge des täglichen Gebrauchs.

Es riecht immer komisch, nach Knoblauch, Eiern, …

Immer in der Früh kommen zahlreiche Pakete aus der Dienstleistungszentrale. Diese enthalten neben Ware für den Verkaufsraum auch Bestandteile für die offenen Aufträge. Zum Beispiel Gläser. Der Großteil der Brillen wird zentral am Standort Schwabach fertiggestellt. Einige Aufträge werden jedoch in der Filiale selbst montiert. Diese machen den Großteil der Werkstatttätigkeiten in der Filiale aus. In der Regel kommen Gläser fertig geschliffen an. Es kann aber auch vorkommen, dass sie etwas nachgeschliffen werden müssen, bevor sie mit der Fassung montiert werden können. Auch können sie als sogenanntes Grundglas ankommen. Hierbei handelt es sich um einen großen runden Glasblock, der noch von Grund auf geschliffen werden muss. „Sowas geschieht deutlich seltener“, erklärt Bayer.

Die Vorgehensweise ist bei beiden Varianten dieselbe. Zuerst wird die Glasvorlage der benötigten Fassung „getraced“, zu Deutsch: die Form abgetastet, damit die Schleifmaschine weiß, wie sie das Glas schleifen muss. Danach gibt Bayer die verschiedenen Werte in die Maschine ein: Stegweite, Pupillendistanz, Höhe; all das, damit die Zentrierung des Glases passt. Nun bereitet sie es für den anstehenden Schliff vor. Auf beide Gläser klebt sie mit einem Spezialkleber ein Pad auf, womit die Gläser in die Schleifmaschine eingesetzt werden. Es gibt Pads in den verschiedensten Größen. „Hier spielen wieder Fachkenntnisse und Erfahrung mit rein, welches man verwendet“, sagt Bayer.

Nun beginnt das Schleifen. Ein lautes Kreischen dröhnt durch die Werkstatt und dazu macht sich ein seltsamer Geruch breit. „Es riecht immer komisch, nach Knoblauch, Eiern, keine Ahnung“, erzählt Bayer lachend. Der Schliff geht relativ schnell. Sollte danach etwas noch nicht passen, kann sie noch einmal nachschleifen. Zur Not auch mit dem Handschleifautomaten. Nach diesem Prozess kann Bayer die fertigen Gläser in die zugehörige Fassung einsetzen.

In der Schleifmaschine wird den Gläsern der letzte Schliff verpasst. Foto: Christopher Döltsch
In der Schleifmaschine wird den Gläsern der letzte Schliff verpasst. Foto: Christopher Döltsch

Zuerst versucht sie, diese „kalt“ einzusetzen. Sollte dies nicht klappen, erhitzt Bayer die Fassung – sofern sie aus Kunststoff ist – mit der Ventilette, damit sich das Material ausdehnt und die Gläser leichter eingesetzt werden können. Nebenbei sucht sie bereits die Bestandteile des nächsten Auftrags zusammen. „In der Werkstatt ist man am besten multitaskingfähig. Was ist die Steigerung von Multi?“, witzelt Bayer.

Und die Zukunft?

Bedenkt man, dass sich ein Optiker neben Werkstattarbeit auch noch um Sehtests und Verkaufsberatung kümmern muss, klingt dieser Beruf nach viel Aufwand. Viel Aufwand, der sich auch in den Mitarbeiterzahlen bemerkbar macht, wie etwa der Branchenbericht des Zentralverbands der Augenoptiker zeigt. So ist der Fachkräftemangel auch hier zu spüren. Kata Bayer kann dies bestätigen. „Ein allgemeiner Rückgang der Bewerbungen ist auf jeden Fall vorhanden“, sagt sie nachdenklich, „sowohl bei Optikern als auch bei Verkaufsberatern“. Sorgen um die Zukunft mache sie sich aber keine. Auch nicht in Anbetracht der zunehmenden Konkurrenz durch Online-Optiker. „Es wird immer Menschen geben, die lieber in die Filiale gehen“, sagt sie überzeugt. Auch die bisher stetig wachsenden Filialzahlen von Apollo sprechen wohl für sich. Von 868 Filialen im Jahr 2019 auf 880 im Jahr 2020, wie man offiziellen Zahlen des Zentralverbandes entnehmen kann. Stand jetzt hat Apollo allein in Deutschland rund 900 Filialen.

Und was Bayers eigene Zukunft betrifft? „Diese Frage habe ich mir selbst des Öfteren gestellt“, sagt sie lachend. Fest steht für sie: Im Einzelhandel will sie nicht für immer bleiben. Kontakt mit Menschen aber ist ein Muss. Den braucht sie einfach. Eine Mischung aus administrativer Tätigkeit mit menschlichem Umgang in einer Führungsposition ist das, was sie sich für ihre Zukunft wünscht.

Von Christopher Döltsch

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