Eine Reise in die Vergangenheit

Das Läuten der Kirchenglocken ist für einen Museumsangestellten kaum zu überhören, denn das Gebäude steht genau neben einer Kirche. „Diese ist damals beim großen Altstadtbrand komplett abgebrannt“, erklärt der Wissenschaftler André Widmann.

Bereits seit acht Jahren ist er dort als wissenschaftlicher Mitarbeiter für die Stadtgeschichte, Technik- und Industriegeschichte zuständig. „Eigentlich bin ich a Schwob.“ Doch ihn verschlug es damals in die kleinste Großstadt Deutschlands. Seine Kollegin, Stephanie Seubold, die für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist, arbeitet seit fünf Jahren als Festangestellte im Museum. Im Jahre 2002, in dem die Erlanger tausendjähriges Bestehen ihrer Stadt feierten, war sie noch nicht Teil des Museums.

Stephanie Seubold und André Widmann vor einem Legonachbau der Stadt Erlangen. Foto: Leon Tatar

 

In 1000 Jahren ist in der Kleinmetropole im Herzen von Franken viel passiert. Vom großen Stadtbrand 1706, bei dem ein Funken von einer Brauerei auf einen Heuwagen mit Ochsengespann übergesprungen ist, bis hin zum Werksbau des Weltkonzernes Siemens. Damit die Bewohner und auch die Touristen Erlangens die Geschichte der Stadt stets in Erinnerung behalten können, hat die Stadt vor einigen Jahren veranlasst, das Stadtmuseum zu bauen.

Das Museum als Bildungsort für Schulen

Eine Gruppe von Schulkindern wird über den industriellen Aufschwung aufgeklärt; Foto: Leon Tatar

Zwischen 20.000 und 30.000 Menschen besuchen jährlich die regelmäßig erscheinenden Sonderausstellungen und auch die Dauerausstellung, die sich mit der Stadtgeschichte befasst. Im Eingangsbereich hängen kleine Schultaschen an der Garderobe. Vermutlich findet gerade eine Führung für Grundschüler statt. „Wir fangen bereits mit der Grundschule an. Die Schüler kommen hier her und lernen was über die Geschichte der Stadt. Solche Dinge, wie z.B. die Oma, die Wäsche gewaschen hat, fasziniert die Kleinen besonders. Wir machen mit ihnen aber auch Stadtrundgänge, wo sie dann beispielsweise erfahren, dass das asiatische Geschäft um die Ecke früher das Zollhäuschen war“, erzählt Widmann. Währenddessen läuft gerade ein Handwerker vorbei. Das Museum plant die nächste Sonderausstellung. „Unsere nächste Ausstellung wird eine Kooperation mit dem Comicsalon. Wir haben nämlich alle zwei Jahre hier in Erlangen ein Comicfestival und dann bietet sich das so an“, sagt Seubold.

 

Von der Frühzeit bis hin zu Siemens

Das hier verbreitete Wissen ist historisch. „Ein historisches Museum zeigt eben die Geschichte der Stadt“, erzählt Widmann. „Oft kommen auch Neubürger hierher, um die Stadt, in der sie jetzt leben, kennenzulernen. Dann fühlen sie sich hoffentlich gleich heimisch.“ Angefangen im Keller bei der Frühzeit, endet der Rundgang im obersten Stockwerk mit dem Siemens-Schriftzug. Dazwischen erfährt man zum Beispiel, dass die heutige Stadtbibliothek früher das Palais Stutterheim war, oder dass die heutige A73 über den früheren Kanal verläuft. Voller Stolz zeigt Widmann auf ein älteres Bild und erklärt, dass es sich dabei um die erste Darstellung eines Autos in Erlangen handelt.

 

Adolf Hitler hielt auch in Erlangen eine seiner Reden; Foto: Leon Tatar

Ein weiterer Teil der Ausstellung handelt über ein historisch bedeutsames Kapitel Deutschlands. Zwischen 1933 und 1945 waren die Nationalsozialisten mit ihrem Führer Adolf Hitler in Deutschland an der Macht und auch in Erlangen hielt er eine seiner Reden. Diese Zeitspanne ist in einem großen Raum mit einigen Utensilien, wie zum Beispiel das damalige Propagandaradio, welches auch unter „Goebbels-Schnauze“ bekannt war zu sehen. „Vor allem für die jüngere Generation ist es wichtig, zu erfahren, was damals Sache war.“ Im letzten Zimmer angekommen, fällt sofort der Siemens-Schriftzug auf. Schon etwas älter, wahrscheinlich aus den Siebzigern. Doch danach kommt nichts mehr. „Wenn wir irgendwann einen neuen Sonderausstellungsbau bekommen, wird hier sicherlich irgendwann die Stadtgeschichte weitergeschrieben“, gibt sich Widmann hoffnungsvoll.

 

Website des Stadtmuseums Erlangen.

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