Reinhard und Klaus am Reparieren des Fahrrads, bei dem der Schaltzug gerissen ist. Bild: Stefan Bücherl

Nachhaltiges Engagement in Ansbach: vielfältige Möglichkeiten

Nicht selten laufen Personen durch die Kronenstraße in Ansbach, sehen das Café-ANU und wundern sich: „Ach, so etwas gibt es hier?“ Sie freuen sich, dass die Stadt Ansbach solch einen Verein wie Ansbach-Umgedacht (ANU) hat – der sich für eine nachhaltigere Zukunft einsetzt.

Im Jahr 2016 wurde der gemeinnützige Verein von dem ehemaligen Bundestagsabgeordneten Harald Weinberg (Die Linke) gegründet. Das Ziel von Ansbach-Umgedacht ist es die Welt mithilfe der SDGs´ als Richtlinie nachhaltig zu verändern und gleichzeitig zu verbessern. Daher haben Lylia, Reinhard, Klaus, Iris, Karin, und Jörg betreuen verschiedene Projekte, die alle ein Ziel teilen: Eine nachhaltigere Welt, Denkweise und Gesellschaft.

Die derzeitigen Projekte des durch Spendengelder und die Stadt Ansbach unterstützten Vereins sind das Begegnungs-Café, das Montagskino, die Lebensmittelrettung und das Reparaturstübchen mit der Fahrradhilfe. Bei der Umsetzung der Projekte handelt Ansbach-Umgedacht nach einem einfachen Prinzip. Dieses wurde vom chinesischen Philosoph Konfuzius zur Zeit der Östlichen Zhou-Dynastie, circa 500 vor Christus, formuliert: „Gib einem Mann einen Fisch, und du ernährst ihn für einen Tag; lehre einen Mann zu fischen, und du ernährst ihn für ein ganzes Leben.”

Das Reparaturstübchen

Jeden Donnerstag von 15:00 bis 18:30 haben Mitbürger die Möglichkeit verschiedenste Haushaltsgeräte, wie Kaffee-Maschinen, Staubsauger, Bügeleisen oder Fahrräder, durch Unterstützung der Helfer zu reparieren.

Iris am Reparieren einer Hose Bild: Stefan Bücherl
Iris am Reparieren einer Hose Bild: Stefan Bücherl

Iris` Nähmaschine, eine Pfaff 362 aus 1963, rattert im Hintergrund, alle anderen reden, das Feuer lodert im Ofen und es herrscht eine wohlige Stimmung in der kleinen Werkstatt von Ansbach-Umgedacht.
Die Eingangstür geht auf, ein kalter Wind zieht durch den Raum und ein bedrückt schauender Mann kommt verschneit herein: „Hallo zusammen! Heute Morgen wollte ich mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren. Doch die Gangschaltung will nichtmehr die Gänge wechseln.“ Reinhard bittet ihn das Fahrrad reinzubringen. Zu zweit stemmen sie es auf den schwarzen Fahrradbock, den Reinhard von einem Bekannten geschenkt bekommen hat. Klaus stellt sich daneben und sieht sofort das Problem. Der Zug der Gangschaltung ist gerissen. Klaus erklärt dem noch leicht zitternden Mann, woran der Fehler erkannt werden kann, und zeigt ihm wie ein neuer Schaltzug im Fahrrad eingebaut wird. Der Mann strahlt und ist dankbar, dass sein Fahrrad wieder funktioniert.

Das Reparaturstübchen hat viele, verschiedene Vorteile. Zunächst lastet keine große finanzielle Belastung auf den Hilfesuchenden. Obwohl diese angehalten sind einen angemessenen Spendenbetrag für die Reparatur zu hinterlassen, ist das viel günstiger, als das Gerät neu zu kaufen. Zudem wird die Umwelt geschont. Denn es werden keine neuen Ressourcen für die Produktion eines neuen Geräts verwendet. Zuletzt lernen die Besucher Neues. Sie werden gebeten bei der Reparatur aktiv mitzumachen. Dadurch können die Hilfesuchenden lernen, wie man bei einer Reparatur vorgeht und können das Gelernte selbst zuhause anwenden. Weil jeder Helfende eine Ausbildung in einem Handwerklichen Bereich abgeschlossen hat, werden während der Fehleranalyse und Reparatur wichtige Tools (Websites, YouTube Kanäle oder Firmenanleitungen) verwendet, die die Bedürftigen dazu anhalten sollen, einen ähnlichen Fehler selbstständig gelöst zu bekommen.

Durch die beruflichen Qualifikationen und helfertechnischen Erfahrungen der Helfer können diese die meisten Reparaturen durchführen. Sollte jedoch eine Reparatur nicht möglich sein, weil das Werkzeug nicht vorhanden oder das Fachgebiet unbekannt ist, wird Ansbach-Umgedacht in einer Vermittlerrolle tätig und fragen bei lokalen Händlern und Servicedienstleistern an. Wenn das Produkt jedoch nicht mehr wirtschaftlich repariert werden kann, wird in der Regel von einer Reparatur abgeraten und von Ansbach-Umgedacht fachmännisch entsorgt.

Ähnliche Projekte existieren bereits in der Regel unter dem Namen „Repair-Cafés“, denn diese sind in vielen anderen Städten etabliert und gehören zu einem niederländischen Franchise-Unternehmen. Im Jahr 2011 wurde dieses unter dem Namen „Stichting Repair Café International“ gegründet. Dieses stellt nach einem Franchise-Prinzip kostenlose Materialien zur Gründung und Durchführung von Reparaturcafés zur Verfügung. Das Reparatur-Stübchen ist nicht an dieses Unternehmen gebunden und ist daher von der Arbeitsweise freier.

Die Lebensmittel-Rettung

Ein anderes Problem, welches Ansbach-Umgedacht bekämpft ist, die Verschwendung von Lebensmitteln und der Hunger in der Gesellschaft.

In Deutschland werden pro Kopf im Jahr knapp 78 Kilogramm Lebensmittel weggeworfen, nichtsdestotrotz leiden laut Schätzungen des UN-Welternährungsberichts von 2021 weltweit mehr als 800 Millionen Menschen an Hunger. Auch in Industrieländern, wie Deutschland, Frankreich oder England leben laut der UN-Welternährungsorganisation FAO inzwischen 15 Millionen chronisch unterernährte Menschen. Vor allem Ernährungsarmut ist in Deutschland ausgeprägter als Hunger. Denn trotz einem finanziell schwachen Geldbeutel können sich die meisten Mitbürger mit nährstoffarmen und günstigen Lebensmitteln, wie Nudeln, Kartoffeln und Reis, ihren Kalorienbedarf decken. „Ernährungsarmut bedeutet: Es ist nicht möglich, sich mit den finanziellen Mitteln, die man hat, gesund zu ernähren“, erklärt der Stuttgarter Ernährungsmediziner Hans Konrad Biesalski im Interview mit dem Sonntagsblatt. Zu einer gesunden Ernährung gehören nämlich auch Vitamine und Nährstoffe. Nährstoffmangel ist die Folge von zu wenig Nahrung oder einer einseitigen Ernährung. Dem Körper fehlen dann wichtige Nährstoffe wie Vitamine, Eisen, Zink oder Jod. Langfristig führt Mangelernährung zu schweren Krankheiten und bremst Kinder in ihrer Entwicklung, wie die Welthungerhilfe erklärt.

Menschen vor Ansbach-Umgedacht zur Lebensmittel-Rettung. Bild: Reinhard Sachs
Menschen vor Ansbach-Umgedacht zur Lebensmittel-Rettung. Bild: Reinhard Sachs

Das Projekt „Lebensmittel-Rettung“ in Zusammenarbeit mit RESPECT, ein anderes Nachhaltigkeitsprojekt in Ansbach, ähnelt einer Tafel. Jedoch muss man sich bei einer Tafel anmelden. Für die Ausgabe der Lebensmittel bei Ansbach-Umgedacht ist das nicht der Fall. Es wird nicht auf soziale Hintergründe geachtet. Jeder der zusätzliche Lebensmittel möchte, ist mittwochs ab 14:30 eingeladen vorbeizuschauen und sich diese mitzunehmen.

Viele Supermärkte in Deutschland müssen noch gute Lebensmittel wegschmeißen, weil diese entweder den Kundenwünschen nicht entsprechen oder die Lebensmittel kurz vor dem Mindesthaltbarkeitsdatum sind. Weil diese Lebensmittel meist noch genießbar sind, gehen die Verantwortlichen jeden Dienstagabend in die örtlichen Supermärkte und sind dankbar, dass diese Lebensmittel gratis abgegeben werden und damit einerseits die Lebensmittelverschwendung minimiert wird und andererseits die finanziell schwachen Menschen die Möglichkeit zu vitamin- und nährstoffreichen Lebensmitteln gegeben wird. Vor allem in der Energie-Krise, der Inflation und den Nachfolgen der Covid-19 Pandemie ist das eine große Entlastung für die Bedürftigen. Dass die Lebensmittel vor dem Müll gerettet werden, hat auch energetische Vorteile, denn die Energie, die in die Lebensmittelproduktion fließt, landet nicht auf dem Müll. Die Lebensmittelindustrie ist eine der größten Energie-Industrien in Deutschland. In einem Bericht an das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie steht, dass allein 2016 in Deutschland 57,64 TWh Energie nur für die Lebensmittelerzeugung aufgewendet wurden. Das entspricht dem Strombedarf von 18 Millionen deutschen Haushalten. Im Schnitt verbraucht ein Haushalt 3200 kWh im Jahr an elektrischer Energie.

Das Montagskino

Für eine nachhaltigere Zukunft ist es wichtig die Energieverschwendung zu minimieren und den Energieverbrauch zu optimieren. Darauf macht Ansbach-Umgedacht unteranderem während der regelmäßigen Montagskinos aufmerksam. Am letzten Montag im Monat schauen sich die Besucher ab 19:00 Uhr verschiedene Dokumentationen oder Filme an. Im Fokus ist immer die Nachhaltigkeit. Beispielsthemen sind: „Wie kann Energie im Haushalt gespart werden?“ Oder „Der Weg des Recyclingmülls.“

Ziel ist, dass die Besucher aufmerksamer gegenüber der Umwelt werden und gleichzeitig angeregt werden, um die Lösungen für die Herausforderungen für eine nachhaltige und friedliche Zukunft mitgestalten.

Das Begegnungs-Café

Die soziale Stütze stellt einen Ort zum Austausch und Zusammenkommen dar. Es werden verschiedene Getränke für einen kleinen Preis sowie Snacks und süßes Gebäck angeboten. Das Café hat zu jeder Veranstaltung offen und soll zum Verbleiben einladen.

Ansbach-Umgedacht beherbergt auch verschiedene Non-governmental Organizations, welche ähnliche Werte vertreten:

  • Amnesty International ist die weltweit größte Bewegung, die für die Menschenrechte eintritt.
  • Greenpeace setzt sich weltweit für den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen von Menschen und Natur und Gerechtigkeit für alle Lebewesen ein. Ziel von Greenpeace ist es, Umweltzerstörungen zu verhindern, Verhaltensweisen zu ändern und Lösungen für eine grünere Umwelt durchzusetzen.
  • Tauschring Ansbach ist ein Verbund von Interessenten, die Waren jeglicher Art und Dienstleistungen, wie Nachhilfe oder Hilfe bei Anträgen, untereinander tauschen. In dem Tauschverfahren wird explizit auf Geld verzichtet und auf Tauschcoins gesetzt.

Mindestens einmal im Monat treffen sich diese Organisationen zu ihren Veranstaltungen im Begegnungscafé von Ansbach-Umgedacht.

Der Verein Ansbach-Umgedacht wird vor allem von Menschen mit geringerem Einkommen angenommen. Der sozial-ökologisch orientierte Verein setzt sich explizit für diese Menschen ein. „Bei Ansbach-Umgedacht soll der Fokus auf Denen liegen, die weniger haben“, so Reinhard. Ansbach-Umgedacht ist für jeden da und soll eine Chance zum sozialen Ausgleich bieten. Das Soziale gehört genauso zu einer nachhaltigen Zukunft, wie die Ökonomie und Ökologie. Der Brundtland-Bericht aus 1987 fasst diese in dem 3 Dimensionen-Modell zusammen, denn Nachhaltigkeit ist mehr als nur Naturschutz.

Von Stefan Büchler

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