„Nachhaltigkeit fängt im Kopf an“

Wie funktioniert die Saatzucht und wird bei der Saatzucht auf Nachhaltigkeit geachtet? Über den Umschwung des Wetters, andere Klimaverhältnisse und die Arbeit eines Saatzüchters berichtet Christa Brunner.

Ein Beitrag von Jan Sieber

Die gebürtige Oberpfälzerin ist begeisterte Saatgutzüchterin bei der Saatzucht Breun in Herzogenaurach. Sie brennt für ihren Beruf und man merkt ihr an, wie leidenschaftlich sie ihn ausübt. Der Klimawandel ist für Brunner ein schwieriges Thema. Es bedrückt sie, wie sich das Klima ändert und so auch ihre tägliche Arbeit beeinflusst. Christa Brunner fährt jeden Tag mit dem Fahrrad zur Arbeit, der Natur zuliebe. Im Interview erzählt sie Näheres über ihren Beruf, die Züchtung, ihre Einschätzung zum Klimawandel und über Nachhaltigkeit.

Wie sind Sie zur Saatzucht Breun in Herzogenaurach gekommen und seit wann arbeiten Sie dort?
Ich habe in Landsberg und an der Universität Weihenstephan die Ausbildung zur landwirtschaftlich-technischen Assistentin gemacht und danach gleich bei Saatzucht Breun in Herzogenaurach angefangen. Dort arbeite ich nun seit über 30 Jahren.

Die erste Ähre nach der Bestäubung. Foto: Jan Sieber

Für welchen Aufgabenbereich sind Sie zuständig?
Früher war ich für alles, was angefallen ist, zuständig. Durch die Strukturierung der einzelnen Bereiche kümmere ich mich jetzt um die Erhaltungszüchtung und den Versand unserer Züchtungen in die ganze Welt.

Welche Ziele verfolgen Sie mit neuen Sorten?
Wir haben sehr große Resistenzziele, da durch die Klimaerwärmung auch tropische Pflanzenkrankheiten auf uns zukommen. Diese resistenten Sorten brauchen weniger Spritzmittel, was wiederum gut für Umwelt und Nachhaltigkeit ist.

Sie sind nun seit 30 Jahren in der Züchtung. Welche Anzeichen weisen auf den Klimawandel hin und mussten Sie in Ihrem Betrieb etwas verändern durch den Klimawandel?
An der Temperatur merken wir es deutlich. Seit circa zehn Jahren müssen wir bewässern und mussten damals einen Brunnen in der Nähe unserer Felder bohren. Mit diesem Brunnen bewässern wir die Sorten und Stämme, bei denen es relevant ist, zum Beispiel junge Generationen. Ansonsten hätten wir zu viele Ausfälle. Die Züchtung kostet ohnehin sehr viel Geld und Ausfälle würden alles noch teurer machen.

Wie funktioniert Züchtung? Welche Schritte sind nötig bis zur perfekten Pflanze?
Die perfekte Pflanze gibt es nicht. Wir beginnen damit, dass wir zur Blüte mit Pinzetten auf die Felder gehen und uns von den Ähren die Staubbeutel holen. Nach zwei bis drei Tagen Wartezeit ist die „Mutter“ reif. Danach wird von einem „Vater“, also von einer anderen Sorte, Staub genommen, wobei man sich erhofft, dass dessen Eigenschaften sich qualitativ vom Ertrag und bezüglich Resistenzen gut mit der „Mutter“ kombinieren lassen. Mit dem Blütenstaub des „Vaters“ bestäubt man dann die „Mutter“ und zwar ebenfalls per Hand. Nach diesem Vorgang erhält man meist 20 Körner einer neuen Sorte. Damit ist das erste Zuchtjahr vorbei.

Ab wann können die Pflanze beeinflusst oder verbessert werden?
Ab der fünften Generation. Diese Ähren werden mit einem Mini-Drescher gedroschen und die Körner dann in kleinen Parzellen eingepflanzt. Somit können wir sie genauer betrachten, zum Teil schon mit Krankheiten infizieren und nach ihrer Qualität untersuchen. So sehen wir, welche Stämme und Sorten gesund sind und züchten diese dann weiter.

Christa Brunner begutachtet ihre Schützlinge. Foto: Jan Sieber

Wie lange dauert denn dieser gesamte Prozess?
Von der Kreuzung bis zum Ende, also bis es eine Sorte ist, dauerte es früher 12 bis 15 Jahre. Inzwischen sind es acht bis zehn Jahre, da man heute schneller reagieren muss, weil auch der Markt schneller reagiert – nicht zuletzt auch durch die Klimaveränderung.

Wonach wird beurteilt, ob eine Pflanze zugelassen wird oder nicht?
Eine Pflanze, die neu zugelassen wird, muss in irgendeiner positiven Eigenschaft besser sein als eine andere, die bereits zugelassen wurde.

Wie verdient die Saatzucht dann Geld, wenn bis zu diesem Zeitpunkt nur Geld investiert wird?
Wir selber verkaufen nicht. Unsere Sorten werden verkauft und pro verkauftem Sack Saatgut bekommt der Züchter eine Lizenz.

Ist der Klimawandel ein Thema für Sie? Passen Züchtung und Umweltschutz zusammen?
Ja, es ist ein Thema, denn der Klimawandel ist da. Unsere Sommer sind extrem heiß geworden. Wenn es Sorten sind, die mit großer Hitze und wenig Wasser nicht zurechtkommen, fallen diese schon in den jungen Generationen weg und so erleiden wir große Verluste.

Tragen Sie zum Klimaschutz bei?
Ja, wir bemühen uns um kurze Wege, also zum Beispiel dass die Testfelder in der Nähe des Betriebs liegen und wir diese dann sinnvoll verbinden. Das ist wirtschaftlich und umwelttechnisch nachhaltig. Ich und einige unserer Mitarbeiter fahren mit dem Fahrrad zur Arbeit und unser Chef fährt einen Tesla. Nachhaltigkeit ist bei uns ein großes Thema.

Wie gestaltet sich die Nachhaltigkeit in Ihrem Betrieb beim Verpacken und anderen Dingen?
Wir verwenden leider sehr viele Plastiktüten. Eine reguläre Plastiktüte kostet drei Cent, eine abbaubare ist deutlich teurer. Somit ist das ein wirtschaftlicher Faktor.

Also ist Nachhaltigkeit auch eine Frage des Geldes?
Ich denke für einen Betrieb auf jeden Fall, da dieser wirtschaftlich arbeiten und seine Angestellten bezahlen muss. Somit wird leider oft an der Nachhaltigkeit gespart.

Einzelne Ähren verpackt in Plastiktüten. Foto: Jan Sieber

Müssen nicht vor allem die Landwirte darauf achten, dass die Klimaziele erreicht werden, denn sie sind ja abhängig von der Natur?
Das Wachsen von Pflanzen ist nicht selbstverständlich. Wir sind froh, wenn es dafür ausreichend regnet. Sicherlich sind wir von der Natur abhängig. Deshalb muss vor allem den Landwirten daran gelegen sein, die Natur und die Umwelt zu schützen. Jedoch stehen sie oft unter Zwang, weil sie günstig und profitabel sein müssen, um letztlich genug Geld zu verdienen.

Wo beginnt die Nachhaltigkeit?
Im Kopf beginnt das Ganze, also auch die Nachhaltigkeit. Wenn sich jeder selbst an die Nase fasst, dann müsste es eigentlich funktionieren.

 

 

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