Stromverbrauch: Eine Klimabilanz des Volksfestes

Aktuell ist die Debatte um das Klima präsent in der Öffentlichkeit, Schüler demonstrieren und Wissenschaftler verweisen deutlich auf die Dringlichkeit von Veränderungen. Im letzten Jahr lag der Strombedarf des Herbstfestes bei 474.450 Kilowattstunden.

Zum Vergleich 3,5 Millionen Computer haben in etwa diesen Verbrauch in einer Stunde. Noch ist es ruhig um neun Uhr morgens am Volksfestplatz. Schausteller sind schon zu sehen, wie sie ihre Buden putzen, der eine oder andere läuft mit Kaffeebecher durch die Gänge. Lukas Neubert hat seit zehn Jahren das Volksfest nicht besucht. „Als Jugendlicher war ich an mehreren Tagen hier, aber irgendwann hat das Interesse nachgelassen,“ erinnert er sich. Zu laut und zu viel los meint er. „Heute frage ich mich, was das denn alles an Strom und Energie verschwendet. Das ist doch nicht mehr zeitgemäß für ein wenig Spaß“, sagt Neubert. Der 28-jährige Baumpfleger bezeichnet sich als umweltbewusst. „Ich esse nur einmal in der Woche Fleisch“, erklärt er, „fahre viel mit dem Fahrrad und schaue darauf, nicht viel Strom zu verbrauchen.“

Ein Volksfest oder 52 Rinder

Die Firma Klaus Börder GmbH ist zuständig für die Stromversorgung. Sie giebt für das Herbstfest 2018 einen Bedarf von 474.450 Kilowattstunden an. Anlässlich des 100. Geburtstags ist das Frühlingsfest 2019 um sechs Tage länger, was einen theoretischen Wert von 641.903 Kilowattstunden für 2019 ergäbe. Nach eigener Angabe hat der Energiemix der N-Energie, die den Strom produziert, eine CO2-Emission von 351 Gramm pro Kilowattstunde, was 167 Tonnen CO2 für 2018 entspricht. 225 Tonnen ergeben sich für den theoretischen Wert von 2019. Der CO2-Ausstoß in Gramm pro Kilogramm Fleisch beträgt 3,5 für Geflügel, 13,5 für Rind und 3,3 für Schwein, laut einer Statistik, veröffentlicht durch das Bundesministerium für Umwelt. 225 Tonnen ist die Menge Kohlendioxid emittiert durch die Aufzucht von 47.226 Hähnchen, 52 Rinder oder 734 Schweine. „Da könnte ich ja knapp 17 Jahre jede Woche ein Hähnchen essen, um so viel CO2 zu verbrauchen“, stellt Lukas Neubert fest und steigt in den Bus der Linie 65 Richtung Frankenstraße.

Die Linie 65

Sonderfahrt der Linie 65 Foto: Leon Patrik

Vom 20. April bis zum 12. Mai hat die VGN Sonderfahrten für das Volksfest bereitgestellt. In diesem Zeitraum fahren die Busse der Linie 65 insgesamt 535-mal zusätzlich. Die VAG gibt für einen Kilometer Fahrt eine CO2-Emission von 56 Gramm pro Person für einen durchschnittlich besetzten Bus an. Das ergibt mittels des Dreisatzes je Bus 896 Gramm CO2 pro Kilometer. Da nicht alle Busse der Linie 65 die volle Länge befahren, sondern einige nur in bestimmten Bereichen, muss für eine Hochrechnung der Kohlendioxidwerte die unterschiedlich befahrenen Kilometer und die Anzahl der Busse dieser gefahrenen Kilometer betrachtet werden. Der ermittelte Wert beträgt 13 Tonnen CO2. Im Jahr 2018 lag der Pro-Kopf-Konsum von Schweinefleisch bei 35,7 Kilogramm in Deutschland, zeigt das Statistische Bundesamt. Der verursachte CO2-Ausstoß der Sonderfahrten ist also der, den 116 Personen im Jahr durch Schweinefleischverzehr erzeugen.

Jede Stunde ein Volksfest

Für das Herbstfest 2018 vermeldete der Schaustellerverband über zwei Millionen Besucher. Der durch Schätzung seitens der Schausteller ermittelte Wert lag in den letzten Jahren im Mittel bei 1,8 Millionen. Das ergibt eine CO2-Emission von 93 Gramm pro Person als Besucher auf dem Volksfest. Als Vergleich: Eine Paketzustellung emittiert laut Süddeutsche Zeitung 500 Gramm Kohlendioxid.

Emissionen-Vergleichs-Diagramm    Patric von Ungern-Sternberg

Der Bundesverband Paket und Expresslogistik (BIEK) vermeldete für das Jahr 2017 3,3 Milliarden Zustellungen in Deutschland. Die CO2-Emission pro Kopf liegt bei 82 Millionen Einwohnern in Deutschland bei 41.395 Tonnen, insgesamt also 1,65 Millionen Tonnen im Jahr. Des Weiteren erfolgt eine Zustellung von 376.712 Paketen pro Stunde an einem Tag und verursacht 188 Tonnen CO2. Mit dem Wert von 2018 verglichen, ergibt sich, dass in etwa jeder Stunde nur durch Paketlieferungen ein Nürnberger Volksfest stattfindet.

 

Nach dem Lukas Neubert die Zahlen gesehen hat, sagt er nur: „Da kann ich ja fünfmal auf das Volksfest gehen, wenn ich mir ein Paket bestelle.“ Ab jetzt werde er es sich gut überlegen, ob die Paketzustellung ihm das wert ist.

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