Der Roadie – ein Mann für alle Fälle

Um den Beruf Roadie ranken sich viele Mythen. Es wurden Filme über ihn gedreht und die Band Tenacious D widmete ihm sogar explizit einen Song: „Roadie“. Mit den größten Stars der Musikszene ist er per du und begleitet sie auf ihren Touren durchs Land. Endlose Rock’N’Roll-Partys, bei denen die Groupies nie älter werden und der Alkohol nie versiegt.

Ein Beitrag von Stefan Besner

Um den Beruf Roadie ranken sich viele Mythen. Es wurden Filme über ihn gedreht und die Band Tenacious D widmete ihm sogar explizit einen Song: „Roadie“. Mit den größten Stars der Musikszene ist er per du und begleitet sie auf ihren Touren durchs Land. Endlose Rock’N’Roll-Partys, bei denen die Groupies nie älter werden und der Alkohol nie versiegt. Eigentlich ein Traumjob. So stellen Außenstehende sich das gerne vor. Die Realität sieht jedoch wie meistens ganz anders und weitaus weniger glamourös aus. Von Sex, Drugs & Rock’N’Roll bleibt am Ende oft nicht mehr als Träumerei übrig.

„Naja, so richtige Roadies, wie es sie früher gab, gibt es ja heute kaum noch. Die heißen jetzt Backliner oder Drum- beziehungsweise Guitar-Techs. Meistens sind das Fachkräfte für Veranstaltungstechnik“, sagt Roadie Jonas Heck.

Der Begriff Roadie leitet sich vom englischen Wort „Road“ ab und sagt aus, dass jemand einen Großteil seiner Zeit „on the road“ verbringt. Mit dem Tourbus quer durchs Land, von Stage zu Stage, auf Tuchfühlung mit den Musikern. „Ein Roadie ist jemand, der fest zur Band gehört und auch die lokalen Stagehands, das sind nur für einen Auftragsort angeheuerte  Bühnenhelfer, einweist“, erklärt Gerald Zinnegger, ehemaliger Bassist der Band Savage Crow.

Die Verkabelung muss stimmen

Das bringt einen ganzen Berg Arbeit mit sich. Zu den Pflichten eines Roadies gehören das Arrangieren der Bühnendekoration und die Installation der Lichtanlage, damit der Spot und die Pyrotechnik perfekt koordiniert eingesetzt werden können. Die Hauptaufgabe ist aber der Auf- und Abbau des Bühnen-Equipments. Das betrifft Musikinstrumente, Verstärker und Lautsprecheranlagen, kurz Backline. „Die Verkabelung muss richtig sein, sonst funktionieren die Verstärker in Kombination mit den Effekten nicht. Licht, Ton, Front of House, das muss passen. Die haben auch Reservekabel und Reserveverstärker sofort bei der Hand, falls mal was kaputt geht. Aber das hat alles immer reibungslos funktioniert“, berichtet Günther Kowski, ehemaliger Gitarrist bei den Bands Tanzschaukel Schwarz-Gold und Eldorado. „Eine Tour ohne Roadies wäre nicht möglich gewesen“, erzählt er weiter. „Wenn wir ankamen, war bereits alles fertig aufgebaut und wir mussten nur noch loslegen.“ Genau darauf kommt es bei einem guten Roadie an. Alles hat am richtigen Platz zur richtigen Zeit bereitzustehen. Die Instrumente wie Schlagzeug, Bässe und Gitarren müssen gestimmt und spielbereit sein. Die Musiker sollen rundum betreut werden und sich über nichts anderes Gedanken machen als ihren Auftritt.

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XIRO; Live 27.02.2016; Foto: Stefan Besner

Tagelanger Auf- und Abbau

Während des Auftritts hat ein Roadie allerdings nicht die Zeit, die Beine hochzulegen, Backstage ein kühles Bier zu trinken und die Show zu genießen. Er muss sich bereithalten, wenn der Gitarrist die Gitarre wechseln will und ihm das Instrument mit dem exakten Timing auf die Bühne bringen; er hat den Auftrag, die Band mit Getränken zu versorgen, die Anlage im Auge zu behalten. „Man hilft eben überall aus, wo man gebraucht wird“, sagt Thomas Volkmann, der unter anderem auch schon am Bühnenaufbau von AC/DC beteiligt war. „Das Equipment und die Dekoration müssen bei so einer Show viel aushalten und oft gehen Dinge dabei kaputt, aber es gibt kein Problem, was eine Rolle Gaffa-Tape nicht wieder in den Griff kriegen könnte.“ Nach dem Auftritt wird die gesamte Ausstattung in Transportkisten verstaut und in Tourbus und Anhänger verfrachtet.

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KleinstadtEcho; Live 20.02.2016; Foto: Stefan Besner

Bei einer klassischen Show geht es meist bereits Tage vorher mit dem Aufbau los. Sobald die Bühne steht, wird noch einmal geprüft, ob alles funktioniert und der Soundcheck findet statt. Zwischen 20 und 21 Uhr beginnt gewöhnlich der Auftritt. Und der dauert oft zwei bis drei Stunden, in denen höchste Konzentration gefordert ist. „Der Abbau kann, je nach Größe der Bühne, zwischen zwei und drei Tagen dauern,  bei sehr kleinen Stages manchmal auch nur einen Tag“, sagt Frank D. Schmitt von Veranstaltungslogistik Dynamic Sound und Tourmanager der Band J.B.O..

In dieser Branche trifft man nicht ohne Grund kaum Frauen an. Die Arbeit ist schweißtreibend und dauert lange. Die Boxen wiegen zum Teil 50 bis 60 Kilogramm und müssen unter extremem Zeitdruck unbeschädigt an den richtigen Ort auf der Bühne transportiert und nachher wieder entsprechend im Trailer verstaut werden. Handwerkliches Geschick, gute Kenntnisse der Mathematik und Physik sowie viel soziale Kompetenz sind für einen Roadie unerlässlich.

Es gibt zwar immer wieder freie Zeit, aber kaum Freizeit. Ein Roadie ist rund um die Uhr beschäftigt und Monate, manchmal sogar Jahre unterwegs. Freunde und Familie bleiben bei diesem Leben häufig auf der Strecke.

Der Roadie trifft viele Stars, baut aber nur auf

Die Abenteuerlust reizt viele junge Menschen, sich mal als Roadie zu versuchen; man trifft Rockstars und jede Menge interessanter Menschen ganz persönlich und bekommt auch noch Geld dafür. Mit dieser Vorstellung fangen die meisten an. „Das hat nicht viel mit der Realität zu tun. Klar macht es Spaß, Brian Johnson und Angus Young zur Hand gegangen zu sein und nachher zu sehen, wie alles, was man selbst mit aufgebaut hat, läuft, aber man baut eben nur auf…“, sagt Thomas Volkmann.

Der Roadie von vor 30 oder 40 Jahren ist eine romantische Utopie, die in den meisten Fällen einfach nicht mehr existiert. Heute werden hauptsächlich Veranstaltungsagenturen wie DYNAMIC SOUND engagiert, die ihre Mitarbeiter koordinieren und nach Bedarf an die gewünschten Orte schicken. Der Kontakt und das Touren mit den Bands tritt eher in den Hintergrund, der Job bleibt jedoch nicht minder anstrengend als zuvor. Tourmanager wie Frank Schmitt übernehmen die organisatorische Leitung und weisen die benötigten Stagehands ein.

Nichtsdestotrotz ist der Roadie beziehungsweise die Fachkraft für Veranstaltungstechnik unentbehrlich und wird es auch in absehbarer Zukunft bleiben. Gerald Zinneger bringt es auf den Punkt: „Ohne diese Personen ist eine Tour undenkbar. Kleinere Gigs kann eine Band selbst bestreiten, aber eine überregionale Tour in verschiedenen Städten wäre ohne Roadies unmöglich. Also im Fazit sind es genau die Menschen, auf die du dich als Musiker vollkommen verlassen können musst und es auch machst.“

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