Die Milch macht’s

„In der Schule musste ich sogar lernen, wie die Wolken aussehen, wenn es regnet.“ Die gelernte Landwirtin Kristina Graf sitzt mit ihren beiden Töchtern in der Küche und schenkt Kaffee nach. Familie Graf lebt und arbeitet auf dem Almenhof, einem Milcherzeugnis-Hof in Bayern. Seit Generationen in Familienbesitz, liefern sie Milchprodukte für die Lidlmarke „Ein gutes Stück Heimat“.

Impressionen des Almenhofes; Foto: Tina Brandl

Impressionen des Almenhofes; Foto: Tina Brandl

„Ohne unsere Maschinen wäre die Größe des Hofes gar nicht realisierbar“, meint Graf. Der Hof, der momentan aus 130 Milchkühen und 140 Jungtieren besteht, ist umringt von Wiesen, Mais- und Getreidefeldern und dem Oberpfälzer Wald. Gelegen zwischen zwei kleinen Dörfern, durchdringt die idyllische Stille nur hier und da das Muhen der Kühe oder der Motor eines großen Traktors.

 

Alles aus eigenem Anbau

„Wir produzieren das Futter für unsere Tiere selbst.“ Bei 140 Hektar, die es zu bewirtschaften gilt, ermöglichen neueste Maschinen den An- und Abbau des Futters und die Fütterung der Tiere. „Die Pflanzenschutzsspritze, die Sähmaschine und der Düngerstreuer sind mit GPS ausgestattet. Das Feld wird einmal manuell abgefahren, die Maschine speichert die Koordinaten. Mit dem Lenksystem über Satellit lenken sie sich bei weiteren Fahrten dann selbst. Und das bis auf zehn Zentimeter genau“, erzählt Graf. Das hilft, Aufwandmengen dichter und genauer zu verteilen und ermöglicht eine spezialisierte Ausbringung. Doch nicht nur der Futterabbau läuft fast vollautomatisch, auch die Pflege und Überwachung der Tiere sowie der Melkvorgang bedienen sich technischer Helferlein.

 

Kälbchen mit elektronischem Halsband; Foto: Tina Brandl

Kälbchen mit elektronischem Halsband; Foto: Tina Brandl

Vom Kalb bis zur Milchkuh

Die Kälber aus eigener Züchtung werden nach der Geburt mit einem elektronischen Halsband versehen. Auf diesem ist neben den wichtigen Daten auch die tägliche Milchration gespeichert. Über einen Tränkeautomat, der mit dem Halsband interagiert, können sie sich das Futter abholen. Der Automat gibt aber nur Milch, wenn die Ration für das Kälbchen noch nicht erreicht ist.

 

Zeit zu melken

Vorbei an zwei großen grauen Futtersilos geht es in den Laufstall. Neugierig drängen sich die Kühe an die Metallstreben, bis auf diejenigen, die sich gerade eine Massage an einer der großen Bürsten gönnen. Hier findet man den Butler, der zwölfmal täglich das Futter neu auffüllt und es mit Kraftfutter mischt. Und den Cowboy, der die Kühe automatisch von dort in den Melkstand treibt. Nur das Anbringen der Melkmaschine am Euter erfordert noch Handarbeit, den Rest übernimmt die Maschine. Zehn Kühe nebeneinander werden im Side-by-Side gemolken. Nach fünf Minuten gibt die Maschine einen schrillen Ton von sich, die Bügel öffnen sich, die Kühe traben zurück in den Stall und die nächste Truppe rückt nach.

Die Kühe im Melkstand; Foto: Tina Brandl

Die Kühe im Melkstand; Foto: Tina Brandl

„Milch enthält viele wichtige Mineralstoffe, Calcium und Eisen. Vor allem das Erstgemelk, die Biestmilch, enthält viele Antikörper und Nährstoffe. In der Medizin kann dieses Produkt Immunkrankheiten oder Darmerkrankungen lindern, auch nach Teilentnahme des Darms kann damit therapiert werden. Die wertvollen Antikörper werden über den Verdauungstrakt aufgenommen, gelangen ins Blut und bekämpfen so fremde Erreger“, erklärt Jasmin Gietl von der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf.

 

Alles auf dem Schirm

Alle Kühe befinden sich in einem Kreisdiagramm aufgelistet, von dort aus kann alles überwacht werden; Foto: Tina Brandl

Alle Kühe befinden sich in einem Kreisdiagramm aufgelistet, von dort aus kann alles überwacht werden; Foto: Tina Brandl

Vom Büro aus werden alle Systeme des Almenhofes kontrolliert und gesteuert. Aufgrund der registrierten Fußbänder, mit der jede Milchkuh versehen ist, erscheint sie in einem Diagramm. In diesem kann man sehen, in welcher Phase die Kuh sich befindet: Gibt sie Milch? Ist sie trächtig?

„Kühe geben erst nach circa 27 Monaten und der ersten Kalbung Milch“, erklärt Kristina Graf. Auf die Frage, wie die Familie in die Zukunft sieht, schmunzelt sie. „Ach, eine unserer Mädels wird schon einen guten Landwirt finden.“ Aber dann wird sie ernst und fügt hinzu „Mit den sinkenden Milchpreisen ist Landwirtschaft derzeit wieder ein topaktuelles Thema – leider nicht im positiven Sinne.“ Man müsse mindestens 40 Cent pro Liter verdienen, um davon leben zu können. Das liegt jedoch in weiter Ferne. „Aber solange kein Umdenken in der Gesellschaft stattfindet, wird sich an dieser Situation nichts ändern.“

 

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