Von „ÄÄÄRKS“ und „KABOINK“

Die mutigen Comic-Übersetzungen von Erika Fuchs wurden Kult und beeinflussten das Sprachbild ganzer Generationen. Im Erika-Fuchs-Haus in Schwarzenbach nahe Hof können Besucher spielend die vielfältigen Möglichkeiten der Sprache erforschen.

Verzweifelt über ein missglücktes Experiment: Erfinder Daniel Düsentrieb

Ohne Vorwarnung zerstört ein penetrantes Fiepsen die Ruhe der idyllischen Ortschaft. Dann ein schweres Rasseln; nach und nach stimmen diverse Maschinengeräusche in den eigentümlichen Kanon ein, der schließlich mit einem lauten Scheppern seinen Höhepunkt erreicht. Derartige Geräuschkulissen sind in der Werkstatt des erfundenen Tüftlers Daniel Düsentrieb an der Tagesordnung. Zusammen mit greller Beleuchtung erzeugen sie eine etwas unheimliche und surreale Atmosphäre in der nachgebauten Comicstadt Entenhausen.

Bei der Eröffnung 2015 lockte das einzige Comicmuseum Deutschlands 20.000 Besucher an. Seitdem ist die Zahl aber deutlich abgeflacht, erklärt Museumsdirektorin Alexandra Hentschel. Während ihrer Führung durch die Ausstellung lassen sich statt anderer Gäste dafür unzählige fiktive Bewohner erspähen. In ihren Häusern sitzend oder den Weg entlangpilgernd werden Donald und Co. stets von Hinweistafeln begleitet, die Auskunft über ihren Charakter geben.

 

 

Sprachliche Finesse

Auffallend viele Namen der berühmten Enten bestehen aus Alliterationen. Eines der vielen Details, die Erika Fuchs‘ Übersetzungen der Geschichten rund um Donald Duck so besonders machen. Das wohl markanteste ist jedoch der Erikativ. Hinter dieser liebevollen Bezeichnung verbergen sich Verben in unflektierter Grundform: „grins“, „krach“ oder „zitter“ sind selbsterklärend und dienen dem besseren Verständnis der Handlung, da Comics im Gegensatz zu Romanen keinen Raum für ausgiebige Erläuterungen bieten.

An der Alliterationstafel ist Kreativität gefordert.

Interessierte Besucher können sich selbst an den Lautwörtern versuchen. Ein überdimensionierter Wörterbaukasten lädt zu wilden Neologismen ein. Doch es bedarf nicht zwingend völliger Wortneuschöpfungen, denn: kaum eine Sprache erlaubt so vielseitige Formulierungen wie die deutsche. Nomen können nahezu willkürlich miteinander kombiniert werden, wie eine spielautomatenähnliche Einrichtung veranschaulicht. Mithilfe zweier drehbarer Räder kann jedermann problemlos neue Kombinationen produzieren. „Vogelscheuchenweitwurf“ lautet der Begriff, den Hentschels Drehen zufällig ausspuckt. Ein Begriff, der zunächst sinnlos erscheinen mag, vom menschlichen Gehirn aber sogleich um eine Hintergrundgeschichte ergänzt wird, die ihn plausibel erscheinen lässt.

 

Kulturelle Hürden

Literarische Bildung wird beim Zitate-Raten unter Beweis gestellt.

Hinter jeder Übersetzung verbirgt sich weitaus mehr, als das simple Übertragen der Dialoge in die gewünschte Sprache. Vor rund 65 Jahren, als die ersten Donald-Duck-Comics ihren Weg über den großen Teich fanden, war der amerikanische Lebensstil noch kaum präsent in den Köpfen der deutschen Bevölkerung. Infolgedessen musste der Text auch kulturell angepasst werden: „Halloween kannte damals niemand“, verdeutlicht ein Filmbeitrag, „da machte Erika Fuchs einfach Rosenmontag draus“. Mit der zunehmenden Amerikanisierung verflog diese Problematik allmählich, wurde aber durch eine neue ersetzt: Veränderungen innerhalb der deutschen Gesellschaft veranlassten häufige Überarbeitungen; die Erwähnung der Wehrmacht musste Erika Fuchs beispielsweise kurz nach Veröffentlichung revidieren.

Umrahmt von Bergen an Comicheften verschiedenster Größe lassen Besucher ihren Rundgang in der gemütlichen Bibliothek ausklingen. Der Ort sei laut Hentschel sehr beliebt; sie erzählt von einem Dauergast, der jede Woche für eine gemütliche Lesesession vorbeischaue. Noch beliebter sei nur der Abschnitt zur Spracherforschung, der erstaunlicherweise bei Besuchern aller Altersklassen Anklang finde. Sogar bei den Jüngsten. „Die können beispielsweise versuchen, ihren Namen zu legen oder an der Alliterationstafel malen.“

 

Website des Erika-Fuchs-Hauses.

 

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