Zeitreise durchs Klassenzimmer

Der Holzboden knarzt bei jedem Schritt. Darauf stehen Schulbänke aus massivem Holz. Auf den Tischen liegen Schreibtafeln an Stelle von Papier und Stift. Das Schulmuseum Nürnberg überzeugt auf den ersten Blick mit seinem historischen Klassenzimmer. Alle Möbel sind schon mehr als 100 Jahre alt.

Die Objekte und das Wissen über diese Zeit stammen von den ursprünglichen Gründern des Schulmuseums, aus Spenden und aus Recherchen. „Zeitzeugen zu finden wird immer schwieriger“, sagt Helene Wild. Sie absolviert seit September ein freiwilliges soziales Jahr im Museum und arbeitet „unglaublich gerne“ dort. Die 18-Jährige hat gerade zum ersten Mal alleine eine Führung gegeben und wirkt erleichtert, die Teilnehmer, eine dritte Klasse, zufrieden. Gedacht ist der „historische Unterricht“ vor allem für Grundschüler, aber auch die ältere Generation kann im historischen Klassenzimmer ihre Schulzeit Revue passieren lassen.

Eingang Museum Industriekultur. Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Museum_Industriekultur_(N%C3%BCrnberg)

Der historische Unterricht war ursprünglich das Kerngeschäft der Schulmuseen in Deutschland. Aber: „Ich finde ein Schulmuseum muss viel mehr machen“, sagt Mathias Rösch, der Leiter des Schulmuseums Nürnberg. Mit der Entwicklung von sogenannten Lernlaboren sollen Schule und schulischer Unterricht heute gezielt verbessert und Lehrer unterstützt werden. „Die Veränderung der Schule kommt über Lehrer“, erklärt der promovierte Historiker. Diese Lernlabore sind feste Bestandteile einer Ausstellung.

Neben dem historischen Klassenzimmer, das sich in den Räumlichkeiten des Museums für Industriekultur in der Äußeren Sulzbacher Straße in Nürnberg befindet, und den Lernlaboren ist die Sammlung ein wichtiger Bestandteil des Schulmuseums. Hierbei handelt es sich um 180.000 Objekte, die in den letzten vier Jahrzehnten zur Schulgeschichte im Raum Bayern und zum Teil im Ausland gesammelt wurden. Schulhefte, Schülertagebücher, Briefe oder auch Spickzettel lagern hier.

Naheliegend also, dass es auch regelmäßig Besuch von Lehramtsstudenten gibt. Diese lernen hier, die Komplexität von Schule zu verstehen. Was bedeutete Schule vor 50, 100 oder sogar 200 Jahren und warum ist Schule heute so wie sie eben ist?

Schüler für Geschichte begeistern

Original Tafel des historischen Klassenzimmers. Foto: Selina Goller

Auch bei Schülern, die sich sonst nicht für Geschichte und Museen begeistern können, soll das Interesse geweckt werden. Der Erste Weltkrieg, Nationalsozialismus, die großen Schlachten, das alles ist für Jugendliche oft nicht greifbar. „Wenn Sie denen Unterlagen geben, die 15- und 16-Jährige hergestellt haben, vor 100 Jahren, im 1. Weltkrieg, sind die komplett anders mit dabei“, sagt Museumsleiter Rösch. „Die merken, die sind genauso alt wie wir, und die sind in diesen verdammten Krieg rein gezogen, die mussten da rein.“ Die Heranwachsenden können sich also in Workshops, anhand der Originale, die damalige Geschichte erarbeiten. Das dient Lehrern unter anderem zur Anmoderation von Themen im Unterricht. Somit ist die Sammlung nicht nur ein Ort für Wissenschaft, sondern auch für Schüler, Wissen zu generieren, hautnah und interaktiv zu erfahren.

Von Schülern für Schüler

Um Ausstellungen für Schüler ideal zu gestalten, werden diese zusammen mit Schülern entwickelt. Dieses Projekt begann vor fünf Jahren. „Wir überlegen uns ganz konkret, zusammen mit Schülern, wie muss eine Ausstellung ausschauen für einen Schüler der überhaupt nicht gerne liest, der sich nicht für Geschichte interessiert, der auch nicht gerne ins Museum geht“, sagt Rösch. „Wie muss ich diese Ausstellung machen, dass der das trotzdem packt, dass der Lust drauf kriegt, dass der das kapiert.“ Die Mitarbeiter bauen dann Modelle, die die Schülern testen und überarbeiten und anschließend in Zusammenarbeit mit einer Agentur für Gestaltung die Endform entwickeln.

„Diese Ausstellungen sind ganz spezifisch immer auf die Schülerperspektive ausgerichtet, weil wir am Beispiel Schule viel besser vermitteln können wie die Zeit insgesamt abgelaufen ist.“ Rösch bezeichnet die Schule als „Spiegel der Gesellschaft“. Bei den Ausstellungen entsteht ständig neues Wissen, „weil zum Beispiel zur Schule im dritten Reich noch längst nicht das letzte Wort gesagt ist“.

 

Website des Schulmuseums Nürnberg.

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