Ralph Puchta

„Bei mir gab es noch nie Forschung ohne Spaß!“

Forschung ist die Grundlage für die digitalisierte Welt. Denn alles, was entdeckt wird, muss untersucht, gemessen, dokumentiert werden. Ein Großteil dieser Forschung findet an Hochschulen statt. Der Chemiker Ralph Puchta gewährt einen Einblick in diesen Prozess.

Herr Puchta, Sie lehren an der Technischen Hochschule Nürnberg (TH) und der Friedrich Alexander Universität in Erlangen (FAU). Worin unterscheidet sich Ihrer Meinung nach die Forschung an den beiden Hochschulen?

Dr. Ralph Puchta: An der TH steht klar die Anwendung im Vordergrund, die FAU sitzt stellenweise immer noch in ihrem Elfenbeinturm. In den letzten Jahren spielt die Anwendbarkeit aber auch bei der Forschung in der Universität eine immer wichtigere Rolle.

Birgt diese Entwicklung, die an Fachhochschulen seit jeher Standard ist, auch Einschränkungen für die Forschung?

Durchaus, es besteht mittlerweile ein Drang, dass alles eine Anwendung haben muss. Vor allem angehende Doktoranden sollen die vermeintlich sinnvollere Forschung betreiben. Der Spaß an der Forschung und hauptsächlich der Grundlagenforschung rückt eher in den Hintergrund.

Wie sehen Sie die Zusammenarbeit mit Firmen bei anwendungsorientierter Forschung?

An der FAU hatte ich ein Projekt zusammen mit Siemens. Ich durfte zusammen mit mehreren sehr guten Elektroingenieuren arbeiten, was super funktioniert hat. Das Einzige, was bei Kooperationen mit Firmen störend ist, ist die Verwaltung. Oft kommt es mir so vor, als ob dieser Abteilung eine animierte Präsentation wichtiger wäre als das Ergebnis der Forschung.

Sie lehren nicht nur an Hochschulen, sondern unterrichten auch an der Lothar-von-Faber-Fachoberschule. Wird Forschung durch die Lehre beeinflusst?

Roland Loy bei der Berechnung eines Isomers Foto: Johannes Fucker

Roland Loy bei der Berechnung eines Isomers Foto: Johannes Fucker

Ja, auf jeden Fall, denn ein Professor, der seine Inhalte gut vermitteln kann, bekommt auch bessere Mitarbeiter für die Forschung. Aber nicht nur die Lehre beeinflusst die Forschung sondern auch umgekehrt. So manche Lehrinhalte werden hinterfragt und bei der Besprechung von Übungen kann gleich Bezug auf die Praxis genommen werden, komplexe Zusammenhänge erscheinen den Schülern und Studierenden dann nicht mehr so abstrakt.

An was forschen Sie denn gerade?

Momentan untersuche ich zusammen mit einem Team von zehn Studierenden die Isomere von 1,8-Bis(dimethylamino)naphthalin, besser bekannt als Protonenschwamm, der auch schon erwerbbar ist. Die Isomere unterscheiden sich nur durch eine unterschiedliche Anordnung der Atome. Mit diesen Schwämmen können Protonen von Verbindungen abgespalten werden. Wir versuchen allerdings neue Isomere von Naphthalin zu finden, die genauso starke Basen bilden, wie die bereits bekannte Verbindung. Die komplexen quantenmechnischen Berechnungen, die für die Analyse der Gerüste nötig sind, werden vom PC gelöst.

Struktur des Protonenschwamms

Struktur des Protonenschwamms Foto: Johannes Fucker

Gibt es für diese neuen Isomere eine Anwendung oder möchten Sie Grundlagen erforschen?

Derzeit gibt es keine Anwendung für die neuen Isomere – allerdings kann es immer sein, dass diese erst später auftaucht. Wichtig an unserer Forschung ist auch, dass die gleiche Arbeit nur einmal gemacht wird. Wir publizieren deshalb unsere Ergebnisse.

 

 

Herr Puchta, was glauben Sie, kann das Team von Studierenden bei dem Projekt lernen?

Ich hoffe, dass ich den Spaß an der Forschung vermitteln konnte. Außerdem werden die Studierenden als Koautoren der Publikation genannt, was in späteren Bewerbungsverfahren sicher von Vorteil ist. Anders als bei anderen Projekten an Schulen und Hochschulen ist diese Arbeit nicht für den Papierkorb.

Haben Sie eigentlich immer Spaß an der Forschung oder mussten Sie auch schon Uninteressantes erforschen?

Bei mir gab es noch nie Forschung ohne Spaß. Natürlich hilft man Kollegen bei Berechnungen oder Versuchsaufbauten, wenn man zusammen forscht und publiziert. Da können auch eher uninteressante Phasen dabei sein; hierdurch wird aber die gesamte Forschung nicht weniger interessant. Dazu muss ich aber sagen, dass ich ein wirklicher Exot in der Forschungslandschaft bin. Ich bekomme kein Geld von der Forschungsgemeinschaft und lehre an zwei Hochschulen. Zwar gibt so keinen prestigeträchtigen Lehrstuhl, aber die komplette Unabhängigkeit bleibt gewahrt. Ich habe immer Spaß an meiner Forschung, denn ich kann mir selbst aussuchen, was ich erforschen will und was nicht.

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