Das Haus der Zukunft

Die Sonne scheint hell in Bad Aibling bei Rosenheim – es ist angenehm warm an diesem Frühlingstag. Auf dem großen Gelände mit Grünfläche stehen viele unterschiedliche Gebäude. Doch zwischen den ganzen Bäumen und Büschen sticht ein Haus heraus:

Ein ungewöhnlich kleines Haus mit Flachdach, das von Bäumen eingerahmt wird. Doch die Größe verleiht dem Haus nicht seine Besonderheit. Es ist die Tatsache, dass sich das 74 Quadratmeter Wohngebäude selbst mit Solarenergie versorgen kann. Das Gebäude dient als Vorreiterrolle für energieautarke Gebäude.

Immer mehr Menschen in Deutschland versuchen, beim Bau des Eigenheims beispielsweise eine Photovoltaikanlage zu installieren. Die ideale Vorstellung ist es komplett unabhängig vom öffentlichen Strom- und Energienetz zu leben – also autark zu wohnen. „Autarkie kommt aus dem Altgriechischem und bedeutet Selbstständigkeit“, erklärt Christian Kutz, Student der Energie- und Gebäudetechnik an der Technischen Hochschule Nürnberg. So gilt ein Gebäude als autark, „wenn der komplette Strom- und Wärmebedarf des Hauses ohne weitere Netzbezüge, also rein durch Eigenerzeugung, abgedeckt werden kann“, ergänzt Kutz. Die Photovoltaikanlage des Hauses wandelt Sonnenenergie in nutzbaren Strom um. Solarthermie transformiert derweil das Sonnenlicht in Wärme. Doch muss die überschüssige Energie aus dem Sommer für den Winter gespeichert werden: „Hierfür sind meist Energiespeicher notwendig, um die Unterschiede zwischen Bedarf und Erzeugung, gerade in der Winterzeit, auszugleichen“, führt Kutz fort.

Das Zusammenspiel von Architektur und Gebäudetechnik
Üblicherweise entscheidet beim Neubau die Familie über Form und Größe des eigenen Hauses. Bei einem autarken Gebäude ist das anders: Die Architektur spielt hier eine wichtige Rolle. Kutz erklärt, dass „das Haus so ausgerichtet sein muss, dass die solare Energie optimal genutzt werden kann“.

Das AIV-Projekt von Christian Kutz; Foto:Valeria Ilina

Das AIV-Projekt von Christian Kutz; Foto:Valeria Ilina

In einem Projekt des Nürnberger Architekten- und Ingenieursvereins mussten Studierende der Fakultäten Maschinenbau und Versorgungstechnik, Bauingenieurwesen und Architektur gemeinsam ein experimentell autarkes Solarhaus entwerfen. Diese Projekte dienen dazu, den Studierenden zu zeigen, dass eine Kombination aus Architektur und Gebäudetechnik die Zukunft des Bauens und der Umwelt sind. Durch diese Zusammenarbeit können die Energiekosten im Haus gesenkt werden. „Prinzipiell kann man jedes Haus autark machen. Es muss nur genügend Platz für Technik und Fassadenfläche für Photovoltaikanlagen mit eingeplant werden“, erklärt Rebecca Haas, Studentin der Architektur. So wie beim Haus in Bad Aibling: Eine große, durch Fenster geprägte Südfassade ermöglicht in Verbindung mit einem entsprechenden Sonnenschutz im Sommer eine optimale Tageslichtnutzung und im Winter solare Wärmegewinne.

Zukunftsorientiertes Denken 
Durch gegebene Klimaschutzziele, die Deutschland bis 2020 erreichen will, ist der Umbau weitaus wichtiger als der Neubau. Dennoch sind diese umweltfreundlichen und unabhängigen Häuser kaum verbreitet. Klaus Heying, Professor für Energie- und Gebäudetechnik an der TH-Nürnberg, sieht die derzeitigen Energiepreise als Auslöser: „Die Energiepreise sind aufgrund der Weltmarktpreise für Öl niedrig.“ Gas und Öl aus anderen Ländern dominieren den deutschen Markt. Deshalb kritisiert Heying die „Öl-Abhängigkeit“ Deutschlands: „Wir müssen auf regenerative Erzeugnisse bauen und Speicherkonzepte beherrschen“, denn Ölfelder habe Deutschland keine, während „uns die Dächer gehören“. Speziell bei Einfamilienhäusern sei die Solarenergie wichtig. Heying spricht von sogenannten „Doppel-Investionskosten“. Das bedeutet, dass der Bau des eigenen Hauses genauso viel kostet wie das anschließende Umrüsten zum autarken Gebäude – diese hohen Kosten schrecken ab.

Dennoch sieht Heying die Zukunft der energieautarken Gebäude als „rosig“. Es wird viel Wert auf Bioprodukte aus dem eigenen Land gelegt, aber kaum ein Gedanke wird daran verschwendet, woher der Strom aus dem eigenem Haushalt kommt. „Bei uns muss man anfangen“, betont Heying. Deutschland kann seine Energieziele erreichen, wenn die Bürger das gleiche Bewusstsein wie für Bioprodukte aus dem Supermarkt entwickeln.

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