Der neue Plärrer, wie ihn die Studenten mit

Dem Verkehrs-Chaos die Stirn bieten

Die Technische Hochschule Nürnberg ist ein Innovationslabor. Angehende Master-Absolventen haben bei einem Vortrag über das Neueste aus der Forschungswerkstatt informiert. Der Schwerpunkt: Verkehr. Dafür wurde sogar der Nürnberger Plärrer umgestaltet.

Den Anfang macht Stefan Bluwas, der im Zuge seiner Masterarbeit „TAS“ entwickelt hat. TAS steht für „Traffic Analysis Solution“ und ist ein selbst entwickeltes Programm, das Verkehrssimulationen automatisch auswerten kann. Vor TAS waren Auswertungen mühsame Schreibarbeit: Die Verkehrssimulation, durchgeführt mit dem bereits bestehenden Programm PTV Vissim, gab die Daten an den Nutzer, der sie manuell in eine Excel-Tabelle einpflege musste.

Stefan Bluwas stellt sein Programm „Traffic Analysis Solution“ vor. Foto: Julian Hörndlein

Der Clou an Bluwas‘ Programm: „Die Simulation in Vissim und die Daten werden automatisch in Excel bewertet“, erklärt der Student, der seinen Master in Urbaner Mobilität macht. Mit der Automatisierung wird die Auswertung der Simulation für den Anwender deutlich vereinfacht. Zudem besitzt TAS eine grafische Nutzeroberfläche, mit der Verkehrsknotenpunkte, etwa eine T-Kreuzung, nachgebaut werden können. Das Programm zeigt dann die Qualität der Verkehrsbeziehungen an. Um die Ergebnisse zu vereinheitlichen, gibt TAS die Daten auf Formblättern aus. „Neben der Arbeitszeitersparnis sorgt TAS für eine Standardisierung von Simulationen und so zu einer Qualitätssteigerung“, versichert Stefan Bluwas.

Das von Stefan Bluwas entwickelte Programm "TAS", welches die Auswertung von Verkehrssimulationen deutlich vereinfacht. Foto: Eigene Screenshots.

Das von Stefan Bluwas entwickelte Programm „TAS“, welches die Auswertung von Verkehrssimulationen deutlich vereinfacht. Foto: Eigene Screenshots.

Als nächstes tragen Daniela Schlenker und Katharina Martin drei Softwares vor, die Verkehrserhebungen vereinfachen sollen. Die „Anwendung für Verkehrsquerschnitts- und Knotenpunkterhebungen“, macht Stift und Block überflüssig, mit denen bei einer traditionellen Verkehrserhebung die Zählung durchgeführt wird. Der Zähler kann mit der für iOS- und Android-Systeme kompatiblen App die Art des Verkehrsteilnehmers eingeben und digital abspeichern.

Lesbarkeit von Kfz-Kennzeichen

Eine zweite Software kümmert sich um Parkraumerhebungen, die mittels Kfz-Kennzeichen-Erkennung arbeitet. Im Programm werden aufgenommene Bilder analysiert; dazu wird ein Farbbild schrittweise auf ein Kanten-Bild reduziert und dann codiert. So kann jedes Auto eindeutig identifiziert und nach Parkdauer und weiteren Parametern eingeordnet werden. Ein Problem stellt das Bildmaterial dar: Viele Autobesitzer werden skeptisch, sobald das Kennzeichen fotografiert wird. In einem ersten Versuch haben die Entwickler deshalb eine GoPro-Kamera auf einem Rad befestigt und so Bilder geschossen. „Wir sind weiter am ausprobieren, welche Kamera sich am besten eignet“, sagt Daniela Schlenker.

Das dritte der noch namenlosen Programme denkt die Nummernschild-Software konsequent weiter: Damit können Bilder und Videos von Verkehrsknotenpunkten ausgewertet werden. Dazu wird das Bild wieder heruntergerechnet auf ein Binärbild. „Der Computer sieht dann erst mal viele weiße Flecken“, erklärt Katharina Martin. Mittels Erosion und Dilatation werden nah aneinander liegende weiße Flecken zu einem größeren Fleck zusammengefasst, der dann ausgewertet werden kann. Je nach Pixelbreite und -höhe kann der Fleck dann einem bestimmten Fahrzeug zugewiesen werden. Die Entwickler sind gerade dabei, Bedingungen für einzelne Fahrzeuge aufzustellen, damit ein von hinten aufgenommener Radfahrer nicht etwa mit einem Passanten verwechselt wird.

Den Plärrer neu konzeptioniert

Ein eindrucksvolles Projekt haben Florian Meyer, Cedric Steinbach, David Pereira van Loock und Philipp Lang vorgestellt. Unter dem Motto „RecapSpace“ möchten sie urbane Plätze wieder so umgestalten, dass Mensch und Lebensqualität profitieren. Dazu werden sogenannte Mobility Hubs – stark befahrene Kreuzungen oder Plätze mit hoher Infrastruktur – im gesamten Stadtgebiet definiert, die auch miteinander wechselwirken. „Bestehende Knotenpunkte eignen sich besonders für die Etablierung eines Hubs“, erklärt Philipp Lang. Gesagt, getan: Um die Idee zu veranschaulichen, hat das Quartett kurzerhand der Plärrer in Nürnberg zu einem lebenswerten Raum umgestaltet. In der Planung wird die Verkehrsführung geändert, Cafés, ein Supermarkt, ein Fitnessstudio und ein Spielplatz würden auf dem neuen Platz installiert werden. Um ein Verkehrschaos auszuschließen, ist das Projekt in PTV Vissim getestet worden. „Wir wollten die Fläche des motorisierten Individualverkehrs minimieren“, erläutert Florian Meyer den Plan. Auch eine Tiefgarage und eine Fahrradgarage finden auf dem neuen Plärrer Platz.

Der neue Plärrer, wie ihn die Studenten mit "RecapSpace" umgeplant haben. Zur Orientierung: In der linken, oberen Ecke befindet sich das Planetarium. Foto: Eigene Darstellung aus PTV Vissim.

Der neue Plärrer, wie ihn die Studenten mit „RecapSpace“ umgeplant haben. Zur Orientierung: Oben befindet sich mittig das Planetarium. Foto: Eigene Darstellung aus PTV Vissim.

Im Zuge von RecapSpace ist auch eine App geplant, die den Überblick über verschiedene Mobility Hubs zeigt und dem Nutzer so topaktuell die besten Verkehrsverbindungen oder Einkaufsmöglichkeiten vorschlagen kann. Neben der App soll jeder Mobility Hub mit digitalen Infotafeln ausgestattet sein, die wiederum untereinander verknüpft sind. Die Zukunft hält also noch einiges bereit, sowohl für den Verkehr als auch für Nürnbergs Stadtentwicklung.

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