Zwischen Deutschland und der Ukraine

Sascha Koschelev ist mit sieben Jahren von der Ukraine nach Deutschland ausgewandert. Am Anfang gestrandet in der Übergangsklasse musste er die deutsche Sprache in einer Klasse voller Immigranten lernen. Trotz der Umstände schaffte er den Übergang aufs Gymnasium und studiert heute an der FAU.

Warum ist deine Familie ausgerechnet nach Deutschland ausgewandert?

Sascha Koschelev: Meine Eltern haben sich damals für Deutschland entschieden, da meine Großeltern schon hier gelebt haben. Grund dafür war zudem noch, dass es sich in der Ukraine einfach schlechter als in Deutschland leben lässt. Meine Eltern wollten besonders für meine Schwester und mich einen besseren Lebensstandard.

Was sind die größten Unterschiede zwischen Deutschland und der Ukraine?

Koschelev: Einmal die bessere Lebensqualität in Deutschland und dazu kommt noch, dass in der Ukraine viel Korruption herrscht. Deshalb ist die Infrastruktur sehr schlecht, die Bildung leidet und es ist schwer dort, genug Geld für einen normalen Lebensstandard zu verdienen.

Könntest du noch mal näher auf die Korruption in der Ukraine eingehen? 

Koschelev: Es herrscht überall Korruption ob jetzt bei der Polizei, an den Grenzen oder bei den Stromversorgern. Zum Beispiel die Stromversorger drehen einem häufig den Strom ab, auch wenn man diesen gezahlt hat. Wer weiterhin Strom haben will, muss oft noch mal etwas an Geld drauflegen. Oder an den Grenzen: Wer Geld hat, darf passieren.

Gibt es noch weitere kulturelle Unterschiede zwischen Deutschland und der Ukraine? 

Koschelev: Kulturell finde ich nicht, dass es wirklich große Unterschiede gibt. Ich finde, dass auch die Religion immer weniger hineinspielt. Die Ukraine ist wie Deutschland sehr europäisch. Wir feiern zudem auch Weihnachten und Ostern. Nur da ich orthodox bin, läuft das bei uns etwas anders ab. Ostern ist zum Beispiel ein wichtigeres Fest als Weihnachten und Weihnachten wird bei uns erst am sechsten Januar gefeiert. Ansonsten laufen die Feste so ziemlich gleich ab, mit viel Essen und der ganzen Familie.

Was studierst du?

Sascha und seine Schwester Valeria zu Weihnachten Foto: Sascha Koschelev

Koschelev: Zurzeit studiere ich Informatik, habe aber vor zum nächsten Semester auf Lehramt zu wechseln.

Hast du eine Religion, an die du glaubst?

Koschelev: Ich bin gar nicht gläubig und meine Eltern eigentlich auch nicht. Zwar bin ich christlich aufgewachsen, aber das lag eher an der älteren Generation und war mehr Tradition als wirklich dem Glauben geschuldet. Zudem sind meine Eltern und ich Volksjuden. Das war auch der Grund, warum meine Familie damals so einfach nach Deutschland kommen durfte. 

Was war mit der sprachlichen Barriere, als du als Kind hierher gekommen bist?

Koschelev: Als ich nach Deutschland kam, konnte ich Ukrainisch, Russisch und etwas Englisch, da wir das in der Ukraine schon ab der ersten Klasse sehr intensiv gelernt hatten. Besonders Englisch hat mir geholfen, mich hier zurechtzufinden. Deutsch habe ich dann in einer Übergangsklasse gelernt. Aber auch spielen mit anderen Kindern und dass ich nur deutsches Fernsehen schauen durfte, hat mir beim Erlernen der deutschen Sprache geholfen.

Würdest du selbst wieder in die Ukraine ziehen wollen oder anderen es als Urlaubsziel vorschlagen?

Koschelev: Ich kann es jedem Empfehlen mal hinzufahren und Urlaub zu machen. Wenn man für ein paar Wochen hinfährt, gibt es wirklich schöne Orte zu erkunden und auch preislich kann man sich dort viel leisten. Leben aber definitiv nein.

Wie steht es um die Gleichberechtigung von Frauen und Männern in der Ukraine?

Koschelev: Die Ukraine hat früher mal zur Sowjetunion gehört. Ich will die Sowjetunion nicht schönreden, aber es wurde damals viel für die Gleichberechtigung getan. Mann und Frau sind in der Ukraine komplett gleichwertig.

Was würdest du antworten, wenn dich jemand fragt, was für ein Landsmann du bist?

Koschelev: Ich fühle mich immer noch sehr ukrainisch. Meine Eltern, meine Großeltern und meine ganze Familie sind entweder russisch oder ukrainisch. Natürlich fühle ich mich wie ein Ukrainer. Aber wahrscheinlich würde ich einfach sagen: Ich bin Deutscher und Ukrainer. Ich hab zwei Drittel meines Lebens in Deutschland verbracht, meine Familie und Freunde sind hier. Deutschland ist meine Heimat.

Das Interview wurde von Iris Politis geführt.

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