„Es geht nur um die Liebe“

Im Hiphop hat sich seit den letzten 25 Jahren einiges verändert. Zwei Gründer der Ol-Dirty Urban Soundbar sprechen über den musikalischen Disput zwischen Hiphop-Liebhabern.

Ein Beitrag von Oliver Meissner-Wollnitz

„Old School versus New School“ bestimmt den immer wiederkehrenden Disput zwischen Hiphop-Liebhabern mit unterschiedlichen Präferenzen. Geschmäcker sind nun mal verschieden und neu heißt nicht unbedingt besser. Der Meinung sind auch Dominik Protze und Andreas Heidelberger. Die zwei sind fest davon überzeugt, dass Old School Hip-Hop auch im Jahre 2016 noch eine Daseinsberechtigung besitzt. Weil die beiden die gute, alte Zeit wieder aufleben lassen wollten, gründeten sie mit der Ol’Dirty Urban Soundbar, die letzte Bastion für Old School Hip-Hop in Nürnberg. Ich hatte das Vergnügen, die zwei zusammen mit DJ Strategy für ein Interview zu gewinnen und über die Entwicklung von HipHop in den letzten 25 Jahren, zu sprechen.

Wie seid ihr eigentlich zu eurer eigenen Bar gekommen?

Wie die Jungfrau zum Kind – wir sind hier vorbeigelaufen, haben den Maklerzettel gesehen, dort angerufen und dann ging alles ganz schnell.

Und ihr hattet nie Zweifel, dass das Ganze auch in die Hose gehen könnte?

Nö. Wir waren uns von Anfang an sicher, dass es hier in Nürnberg eine Lobby für Old School HipHop gibt und finden sogar immer mehr Anklang.

Aber ihr würdet eure Playlist nicht ändern, falls die Gäste irgendwann ausbleiben sollten?

Auf gar keinen Fall! Unser Ding ist straighter, guter, alter HipHop.

Wie schätzt ihr das Durchschnittsalter eures Publikums ein? Alte Schule oder gerade erst der Pubertät entwachsen?

Hier ist zwischen 18 bis 50 Jahren alles dabei. Die Leute kommen wegen dem Sound, wie damals auf den Jams. Jeder ist willkommen!

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Andreas Heidelberger und Dominik Protze von der Ol‘ Dirty Urban Soundbar in Nürnberg Foto: OL’DIRTY Urban Soundbar Nürnberg

Was ist überhaupt der Unterschied zwischen Old und New School?

HipHop ist im ständigen Wandel, deswegen ist es sehr schwer, nur zwischen Old und New School zu unterscheiden. Einen großen Bruch sehe ich im Jahr 2004, als die Sample basierte Musik verschwand und sich alles in eine schnellere, tanzbarere Richtung entwickelte. Eher ein Sing-Sang Rap mit sinnlosen Texten. Prinzipiell gibt es in beiden Genres gute und schlechte Lieder.

Apropos gute Lieder. Was sind eure all-time favourites?

Um nur einige von unzähligen Lieblingsliedern zu nennen: Gang Starr – Full Clip, Notorious BIG – Juicy, MOP – Ante Up, Dilated People – Worst Comes To Worst. Im Deutschrap unter anderem Absolute Beginner mit Rock On.

Das sind alles schon etwas ältere Songs. Gibt es denn auch neue Künstler, die euch noch richtig flashen?

Klar, sogar richtig viel, aber fast ausschließlich Underground-Sachen, die eben klingen wie früher. Hauptsache rough. Auch die DJ-Szene hat eine interessante Entwicklung durchlebt. Mit den heutigen technischen Möglichkeiten haben alle die Chance, selber Musik zu machen oder aus den gängigen Songs, Edits und Mixes zu basteln. Außerdem gibt es ja einige Veteranen, die immer noch Alben releasen, wie zum Beispiel Jay Z.

Stichwort Veteranen: Was haltet ihr von den Verwandlungen einiger deutscher Rapper? Samy Deluxe schminkt sich und wird zu Herr Sorge, Prinz Porno ist jetzt Prinz Pi, der Hipster, und Sido nimmt die Maske ab und produziert Balladen. Sind die noch real?

Meiner Meinung nach ist Sido immer real gewesen, aber Menschen verändern sich und damit auch die Musik. Ob das einem noch gefällt, da scheiden sich die Geister. Zur Zeit ist einfach dieser Hipster Rap angesagt, da passen sich die Künstler natürlich an. Außerdem haben Newcomer wie Cro den Deutschrap wieder ein bisschen in Fahrt gebracht. Wichtig ist Herz mit in die Platte zu legen.

Habt ihr jetzt mit Absicht nichts zu Herr Sorge gesagt?

Wahrscheinlich ist es besser, wenn man dazu nichts sagt. Er selber ist mit Sicherheit auch happy, dass da keiner mehr drüber spricht.

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Die Bar mit ihren zahlreichen Graffitis von Legenden des Hip-Hops Foto: OL’DIRTY

Jetzt haben wir viel über die Musik geredet. Aber HipHop ist ja eine ganze Kultur, die sich auch durch einen gewissen Style definiert. Wie hat sich der eurer Meinung nach verändert?

Klar gab’s irgendwo einen Stylewandel, aber es wird auch wieder eine Zeit für Baggy Pants geben. Alles kommt wieder zurück und jede Modewelle hält nur ein paar Jahre. Darüber hinaus sind Schuhe wie Airmax und auch Accessoires wie die Snapback beliebt wie noch nie. Einen großen Einfluss auf die Mode haben natürlich auch die Medien und Phänomene wie Facebook und Instagram. Man wird mittlerweile mit so vielen Trends bombardiert, dass es nicht mehr diese eine Richtung gibt. Wenn ich an meine Schulzeit zurück denke und da zwei, drei von den coolen Kids Hip Hopper waren, dann hat sich halt jeder so angezogen.

Der Sommer und die Festivalzeit rücken näher. Ich war letztes Jahr überrascht als ich hörte, dass das Splash so schnell ausverkauft war wie noch nie. Wie könnt ihr euch das erklären?

Ganz einfach. Die Ursprünge vom Splash waren Deutschrap. Man hat erkannt, dass es auch genug nationale Künstler gibt, die was drauf haben und das Lineup wieder mehr deutschlastig gestaltet. Dem Publikum gefällt’s und ich kann das Ganze ebenfalls nur begrüßen. Vor allem wenn man bedenkt, dass viele deutsche Rapper mit dem Splash groß geworden sind.

Andere coole Festivals?

Große Namen sind natürlich das HipHop Kemp in Tschechien, das Frauenfeld in der Schweiz, das HipHop Open in Stuttgart, aber auch kleinere Veranstaltungen wie die Catch a Fire-Reihe. Im Kommen sind auch immer mehr DJ-Festivals wie zum Beispiel das Fresh Island in Kroatien. Das ganze Festivalding ist auf jeden Fall groß.

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…darin liegt der Grund für die positive Resonanz Foto: OL’DIRTY

Krieg‘ ich von euch noch ein zusammenfassendes Review der HipHop Entwicklung seit 1990?

Für uns war das ein ständiges Rauf und Runter. Anfang der Neunziger war der Gangsterrap populär, dann wurde alles wieder ein bisschen clublastiger mit dem Pharrell Williams Zeug, daraufhin kam der Underground zurück, anschließend die Elektrosachen. Jede Musikrichtung macht Schwankungen durch, egal ob positiver oder negativer Natur. Ein großer Unterschied zu früher ist, dass viele kleine Künstler, ohne eigenes Produzententeam und Label, durch Socialmedia und Youtube, die Möglichkeit haben, sich ihre eigene Lobby zu schaffen. Das erleichtert auch dem Rezipienten, die Musik zu finden, auf die er Bock hat. HipHop lebt und es ist immer für jeden etwas dabei.

Vielen Dank für eure Zeit!

 

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