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Hilfe für den Wald

Viele Wälder haben mit Problemen wie Schädlingen, Wildverbiss oder dem Klimawandel zu kämpfen. Dabei schützen sie die Artenvielfalt, speichern CO2 und bilden die Lebensgrundlage für 1,6 Milliarden Menschen. Hier setzt die „Waldhilfe Willanzheim“ an, um die Waldstücke rund um das kleine Dorf für die Zukunft fit zu machen.

Äste knacken, Schnee knirscht unter den Schuhen. Der junge Forstwirt Johannes Kuhn stapft durch das verschneite Eichenlöchlein, einem Waldstück, das zum Dorf Willanzheim gehört. Er macht einen Kontrollgang, um zu prüfen, ob die Pflegearbeiten, welche im letzten Jahr durchgeführt wurden, positive Ergebnisse bringen. „Hier kannst du den Wildverbiss sehr gut erkennen“, sagt er und zeigt auf einen abgeknabberten Setzling, „der Unterschied zum eingezäunten Bereich ist enorm, dort kommen viel mehr Bäume hoch.“

Schon seit seiner Kindheit stand für Johannes fest: Er möchte in den Wald. Im Jahr 2008 begann er dann die dreijährige Ausbildung zum Forstwirt bei der Stadt Iphofen. Zu seinen Hauptaufgaben gehören die Holzernte, Pflanzungen und die Waldpflege. „Für mich war es eine Art Berufung im Wald zu arbeiten“, sagt er, „ich habe den Wald über die Jahre lieben, aber auch hassen gelernt, wobei die Liebe deutlich überwiegt“.

Johannes Kuhn. Foto: Hannes Gsell
Forstwirt Johannes Kuhn. Foto: Hannes Gsell

Mittelwaldbewirtschaftung

Das vorherrschende System im Wald von Willanzheim ist die sogenannte Mittelwaldbewirtschaftung. Dabei wird nach einer gewissen Zeitspanne, hier in Willanzheim sind es 25 Jahre, alles Holz, was in dieser Zeit an Unterholz oder Stockausschlägen gewachsen ist, abgeerntet. Die Zukunftsbäume, die stehen bleiben sollen, werden vorher markiert. Die Mittelwaldbewirtschaftung hat in Willanzheim eine lange Tradition. Sie überdauert schon fast 700 Jahre und soll die Versorgung mit Brenn- und Bauholz sichern. Die Verbreitung dieser Bewirtschaftungsform ging mit dem Aufkommen von Öl als Energieträger stark zurück, derzeit sind etwa ein Prozent der deutschen Waldfläche Mittelwälder.

„Die Mittelwaldbewirtschaftung in Willanzheim ist nicht mehr zeitgemäß, dadurch dass nach 25 Jahren alles Unterholz auf Stock gesetzt wird, wird dem Wald viel Leben genommen, es ist hier im Ort aber Tradition und ein Recht für die Waldrechtler, deswegen wird das so gemacht. Bei dieser Art der Bewirtschaftung musst du den Wald unterstützen, aber da in Willanzheim die letzten 25 Jahre kaum Waldpflege betrieben wurde, schaut der Wald auch dementsprechend aus, es wird zu viel genommen und zu wenig reingesteckt“, erklärt Johannes. Dieses Problem ist in Deutschland weit verbreitet, Wälder werden häufig als Rohstoffquelle anstatt eines Ökosystems gesehen. Johannes spricht hier von „Holzäckern“.

Holzernte. Foto: Hannes Gsell

Ohne Hilfe geht nichts

Um diesem Zustand entgegenzuwirken, initiierte der Willanzheimer Timo Engelmann im Jahr 2020 die „Waldhilfe Willanzheim“. „Der Wald in Willanzheim wurde durch den Klimawandel und die Nutzung geschwächt und ist nicht mehr vital, ich wollte den Wald wieder mehr in den Mittelpunkt rücken, da ich den Eindruck hatte, er wird nur genutzt, also dass Profit aus dem Wald gezogen wird, aber es wird nicht mehr genug investiert“, erläutert Timo. Außerdem soll die jüngere Generation für den Wald begeistert werden. Timo kontaktierte daraufhin den neuen Waldbeauftragten Johannes Kuhn und fragte nach dessen Meinung zu der Idee. Dieser war sofort begeistert. Daraufhin wurde über das Gemeindeblatt und WhatsApp-Gruppen nach Helfern gesucht. „Letztendlich haben sich etwa 28 Leute gemeldet, von diesen sind etwa 15 regelmäßig dabei und bilden den festen Kern“, erklärt Timo.

Es finden im Jahr etwa vier bis sechs Einsätze statt, um die freiwilligen Helfer nicht zu überlasten. Für die Pflege des Waldes ist eigentlich die Gemeinde zuständig, diese bezahlt Arbeiter, die sich um den Wald kümmern sollen. „Da der Wald in ganz Deutschland gerade im Umbruch ist, ist es schwierig an Arbeiter zu kommen, da die Nachfrage sehr hoch ist“, erläutert Timo, „dies war auch ein Grund, warum die Waldhilfe ins Leben gerufen wurde, um ein zusätzliches Standbein für die Pflege des Waldes zu schaffen und die Arbeiter zu entlasten“.

Der Wald der Zukunft

Ein Ziel der Initiative ist es, den Wald durch Neupflanzungen verschiedener Baumarten, für den Klimawandel aufzustellen. Außerdem soll die Naturverjüngung sichergestellt werden. Unter Naturverjüngung versteht man die Reproduktion des Baumbestandes. Altbäume werfen ihre Samen ab, aus denen eine neue Generation von Bäumen erwächst. „Durch die Einzäunungen im Eichenlöchlein ist eine ordentliche Naturverjüngung mit sechs bis sieben Baumarten entstanden“, erzählt Timo stolz. Er kümmert sich um das Organisatorische, während Johannes die entsprechende Expertise besitzt. Johannes übernimmt auch die Planung der Einsätze, dabei geht er wie folgt vor: Er fährt die verschiedenen Waldstücke mit dem Fahrrad ab und schaut, wo Pflegemaßnahmen notwendig sind. „Ich muss bei der Planung immer darauf achten, dass die Aufgaben für die Waldhelfer machbar und nicht zu gefährlich sind“ erklärt er, „Einsätze mit der Kettensäge kommen zum Beispiel nicht infrage“.

Naturverjüngung. Foto: Hannes Gsell
Naturverjüngung vorher (links) und nachher (rechts). Foto: Hannes Gsell

Laut Johannes ist es wichtig, den Wald als Ökosystem zu sehen, anstatt eines Rohstofflieferanten. „Du musst dem Wald einen gewissen Spielraum geben, dann bleibt er auch gesund. Die Natur sollte als Chef angesehen werden, während der Mensch den Wald beobachtet, schaut, wie er ihn unterstützen kann und dann seine „Früchte“ erntet. Es dauert außerdem mindestens 40 Jahre, bis sich das sogenannte Waldinnenklima eingestellt hat, das hast du beim Mittelwald gar nicht“, erläutert Johannes. Erst wenn Bäume dicht und zahlreich stehen, kann sich dieses Klima bilden. Die Temperaturen sind dann ausgeglichener, es ist weniger windig und es herrscht eine höhere Luftfeuchtigkeit, wodurch der Wald vor Extremen geschützt wird. „Wenn wir gesunde Wälder haben wollen, müssen die Leute ihre Einstellung ändern und anders an die Sache herangehen“, erklärt er, „von der Politik wird die Verantwortung hin und her geschoben, es könnte den Wäldern viel bessergehen, wenn dieser Raubbau nicht mehr gestattet wäre, die Politik muss etwas sagen und nicht immer nur aufs Geld schauen“.

Von Hannes Gsell

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