Mit dem Strom schwimmen

Das Thema alternative Antriebe hat nun auch die Freizeitbootbranche erreicht. Die Bootsindustrie wirbt dabei mit Hybrid- oder vollelektrischen Antriebslösungen – sieht sich aufgrund der Neuheit solcher Konzepte jedoch auch mit einigen Problemen konfrontiert.

Ein Beitrag von Andreas Staubinger

Die kleine schweizerische Stadt Zermatt hat etwas, was neuerdings auch die niederländische Hafenstadt Amsterdam will: Berge? Ein wunderschönes Alpenpanorama mit Blick auf das schneegekrönte Matterhorn? Wohl kaum. Die Niederländer nehmen sich eher einen Zermatter Beschluss von 1961 zum Vorbild: Darin verbannten die Einwohner Zermatts Verbrennungsmotoren komplett aus ihrer Stadt. Was sich in dem Bergstädtchen eher auf den Auto- und LKW-Verkehr bezog, will Amsterdam ab 2020 nun zum Gesetz für den Verkehr auf Wasserwegen machen. Ab diesem Zeitpunkt sollen nur noch Boote mit umweltfreundlichem Elektroantrieb durch die Kanäle der Hafenstadt schippern dürfen.

Der Elektromotor bietet klare Vorteile

Das ist nur ein Grund von vielen, der die Bootsindustrie dazu veranlasst, vermehrt auf alternative Antriebsformen zu setzen.
Interessierten bietet sich dabei eine Vielzahl an umweltschonenden Antriebskonzepten – doch die meisten haben eines gemein: Der Antrieb erfolgt über einen Elektromotor. Für Gerhard Hesse vom deutschen Motoren- und Generatorenspezialisten Fischer Panda liegen die Vorteile des Elektroantriebs auf der Hand: „Erstens: Sie fahren nahezu lautlos. Zweitens: Das Drehmoment eines E-Motors ist über den gesamten Drehzahlbereich nahezu konstant“ – dadurch könne man deutlich besser manövrieren als mit einem Verbrennungsmotor. Darüber hinaus sprächen die geringeren Wartungskosten ebenso für den Elektroantrieb wie die Tatsache, dass auf vielen deutschen Gewässern aus Wasserschutzgründen gar keine Verbrennungsmotoren mehr erlaubt seien.

Der optimale Energielieferant für den E-Motor wird noch gesucht

Beim sogenannten Pod-Antrieb von Fischer Panda sitzt der Elektromotor in einer Gondel unter dem Bootsrumpf. Das macht das Boot wendiger, aber auch teurer. Quelle: Fischer Panda

Beim sogenannten Pod-Antrieb von Fischer Panda sitzt der Elektromotor in einer Gondel unter dem Bootsrumpf. Das macht das Boot wendiger, aber auch teurer. Foto: Fischer Panda (G. Hesse)

Wie der Elektromotor allerdings mit Energie versorgt werden soll – da scheiden sich die Geister.
So setzt die Starnberger Firma Torqeedo hauptsächlich auf große Batteriebänke als Energiespeicher. Doch so umweltschonend dieses Antriebskonzept auch sein mag, es hat mit den selben Problemen zu kämpfen, wie sie auch aus der Automobilindustrie hinlänglich bekannt sind – teure Batterien und eine zu geringe Reichweite.

Auch Gerhard Hesse beklagt: „Die Batterietechnologie bremst uns aus.“ Bei Fischer Panda setzt man daher unter anderem auf ein diesel-elektrisches Hybridkonzept. Hierbei wird ein Elektromotor ebenfalls über eine Batterie mit Energie versorgt. Sollte diese jedoch unter einen gewissen Spannungswert fallen, springt ein Dieselgenerator ein, der die Batterie wieder lädt. Somit sind Bootsbesitzer nicht nur unabhängiger in der Reichweite, sondern sparen laut Hesse auch bis zu 25 Prozent Kraftstoff – insbesondere dann, wenn die Batterie noch zusätzlich von einer bootseigenen Photovoltaikanlage geladen wird. Ein Manko bleibt bei diesem Konzept jedoch ebenfalls der Preis, da alle E-Motoren derzeit noch in Handarbeit hergestellt werden müssen.

In dem Forschungsboot SOLGENIA sind insgesamt drei Wasserstoff-Brennstoffzellen verbaut – jede leistet 1,2 Kilowatt. Quelle: HTWG Konstanz

In dem Forschungsboot SOLGENIA sind insgesamt drei Wasserstoff-Brennstoffzellen verbaut – jede leistet 1,2 Kilowatt. Foto: HTWG Konstanz (Prof. Leiner)

Über diese schon heute serienreifen Antriebe hinaus geht das Antriebskonzept der SOLGENIA, eines Forschungsbootes der Hochschule für Technik, Wissenschaft und Gestaltung Konstanz. „Unsere Idee war es, in einem Projekt aufzuzeigen, was umwelttechnisch ideal ist“, beschreibt Professor Dr. Richard Leiner vom Institut für angewandte Forschung die Zielrichtung. Als Energiespeicher dient eine Batterie, die nicht nur durch eine Photovoltaikanlage, sondern bei Bedarf auch über eine Wasserstoff-Brennstoffzelle geladen wird. Der Clou: auch der Wasserstoff wird über eine Photovoltaikanlage der Hochschule regenerativ erzeugt. Zwar mache die Brennstoffzelle bisweilen Probleme, da sie für den Einsatz in Booten noch zu wenig robust und leistungsfähig ist – die Frage sei jedoch eher, welches Antriebskonzept man in 10 bis 15 Jahren haben wolle, so Leiner. „Und da sehe ich keinen Diesel mehr. Da sehe ich Wasserstoff und die Direktverwendung von Sonnenenergie.“

Ähnlich wie in der Automobilindustrie ist es folglich noch nicht absehbar, welche der verschiedenen Antriebskonzepte sich durchsetzen werden. Die Technologie für umweltschonende Bootsantriebe ist jedenfalls schon vorhanden. Im Moment fehle es laut Leiner jedoch an Großinitiativen bei der Wasserstofferzeugung und bei der Batterietechnologie. „Man muss nur wollen – da liegt das Problem“, resümiert Leiner.

Beitragsbild: HTWG Konstanz (Prof. Leiner)

 

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