Mit Kassettenrekorder, Mikrophon und Schreibmaschine

Eine Szene aus dem Leben einer Journalistin im Jahr 1970 in München beschreibt ihre Eindrücke des technischen Wandels. Sie erzählt, wie sich die Lebensumstände durch neue Haushaltsgeräte verändern.

München, 1970

In der Tram ist wie immer viel los. Der Feierabend hat schließlich gerade begonnen. Aber was erwarte ich anderes von einer Millionenstadt. Gut, dass das Richtfest für die U- und S-Bahn schon stattgefunden hat. Bei uns in München finden nämlich in zwei Jahren die Olympischen Spiele statt. Dafür brauchen wir dringend neue Verkehrsmittel.

Normalerweise fahre ich mit meinem Ford Capri’69 in die Arbeit. Irgendetwas stimmt mit meinem Ottomotor nicht und deshalb ist er in der Werkstatt. Vorbei am Englischen Garten sind wir an meiner Haltestelle angekommen. Nach einem langen Tag in der Redaktion gehe ich gedankenverloren über die Straße. Beinahe wäre ich von einem Benelli City Bike angefahren worden. Bei dem Tempo einen Unfall zu bauen, könnte schmerzhaft sein. Vielleicht sind Helme eine sinnvolle Schutzausrüstung? Zum Glück ist meinen Einkäufen nichts passiert.

Technik als Alltagshilfe

Gut, dass ein Personenaufzug zu unserer Wohnung in den sechsten Stock führt. Dieser erleichtert mir das Transportieren meiner Einkäufe. In der Wohnung angekommen, möchte ich erst einmal Essen für meinen Mann kochen. Um der Stille entgegenzuwirken, schalte ich das Radio ein. Der Nachrichtensprecher verkündet, dass es wohl zum ersten Mal möglich ist, die Selbstwahl zwischen zwei Kontinenten im Fernsprechverkehr zu realisieren.

Mein Blick fällt auf den Kühlschrank. Ich bin wirklich froh, dass es dieses Gerät in unserem Haushalt gibt. So bleiben die Lebensmittel lange frisch und ich kann sogar das Meiste einfrieren. Anschließend kann ich mir einfach etwas herausnehmen und auftauen lassen, wenn mal keine Zeit zum Kochen ist. Da mir die frische Ananas im Obstkorb ins Auge fällt, entscheide ich mich dazu, Toast Hawaii zu machen. Fertig zubereitet, gebe ich den Toast in den Backofen. Während er im Ofen grillt, kümmere ich mich um den restlichen Haushalt.

Das dreckige Geschirr vom Frühstück stelle ich in unsere Spülmaschine G45 von Miele. Als die Spülmaschine vorgestellt wurde, lautete die Reklame: „Mit Miele Geschirrspülern macht der Haushalt Spaß. In Minutenschnelle ist der lästige Abwasch vergessen“. Dies hat sich bewahrheitet. Während ich früher immer Zeit zum Spülen einplanen musste und meine Hände dabei ganz schrumpelig wurden, kann ich nun nebenbei andere Dinge erledigen.

Deshalb schnappe ich mir gleich den Hoover Staubsauger. Er ersetzt Staubwedel und Teppichklopfer. Viele Hausfrauen schwören nach wie vor auf die herkömmlichen Teppichklopfer. Ich probiere allerdings immer gerne neue Technik aus. Hinzu kommt, dass die Wohnung komplett mit Teppich ausgelegt ist. Der Klopfer hilft mir dabei wenig. Den Staubsauger muss ich nur an die Steckdose anschließen und schon kann ich die ganze Wohnung saugen. Wenn der Beutel voll ist, tausche ich ihn ganz einfach gegen einen neuen.

Spaß im Haushalt

Waschmaschine 1970. Foto: Brent Eckley (Gemeinfrei)

Sobald dies auch erledigt ist, stecke ich die schwarze Schmutzwäsche in die Waschmaschine. Diese befindet sich neuerdings auch in der Küche. So sparen wir Platz und brauchen keinen extra Raum. Apropos: Die saubere Wäsche von gestern muss noch gebügelt werden. Das elektrisch beheizte Bügeleisen hat einen Griff, der nach vorne geöffnet ist. Zudem ist am Bügeleisen ein regulierbarer Thermostat, womit die gewünschte Hitze einstellbar ist. Um zu überprüfen, ob das Bügeleisen heiß genug ist, stelle ich es auf einen feuchten Lappen. Perfekt! Es fängt an zu dampfen.. Während ich nebenbei dem Radio lausche, fällt mir noch ein, dass ich ein Thema für einen Artikel brauche, den ich nächste Woche abgeben muss.

Mein Blick schweift über unsere recht modernen, grifflosen Küchenschränke. Vor Kurzem habe ich gelesen, dass die sogenannten Mikrowellenherde in den USA sehr in Mode sind. Wir besitzen noch keinen. Allerdings kann damit das Essen anscheinend nur gegart und gekocht werden. Eine Kruste soll beispielsweise nicht möglich sein. Für einen Sonntagsbraten also ungeeignet. Mal sehen, wann die Mikrowellenherde in Deutschland erschwinglich werden. Der wirtschaftliche Aufschwung, den wir in der BRD gerade erleben, sollte dem zugutekommen.

Da mittlerweile auch die Wäsche in der Waschmaschine fertig ist, hänge ich sie auf die Wäscheleine im Trockenraum. Den teilen wir uns mit den Bewohnern des Hauses. In den Waschsalons gibt es Trockner. So einen besitze ich allerdings nicht. Nach dem Abendessen lege ich mir auf dem Plattenspieler das letzte Album der Beatles auf. Nach „Let It Be“ haben sie verkündet, dass sich die Band auflösen wird.

Während die Schallplatte im Hintergrund sich im Kreis dreht, suche ich aus dem dicken Telefonbuch die Nummer meiner Freundin raus. Wir wollten uns noch für das kommende Wochenende verabreden. Unser graues Kabeltelefon, das wir von der Post gemietet haben, bietet aufgrund des Kabels kaum Bewegungsfreiheit. Allerdings besser als die oftmals verdreckten Telefonzellen, denke ich mir. Als ich die Nummer aufgeschlagen habe, muss ich sie einzeln mit meinem Zeigefinger in einem Loch auf der Drehscheibe aufziehen. Jede Ziffer nacheinander. Gut, dass meine Freundin auch in München wohnt, sonst würde das Telefonat teuer werden. Als Ort und Zeitpunkt vereinbart sind, überlege ich, welche Themen für meinen Artikel interessant sein könnten. Erst vor drei Tagen hat es einen antisemitischen Anschlag am Flughafen München-Riem gegeben. Ein palästinensisches Terrorkommando hat diesen aus einem Linienflugzeug verübt. Ein junger Israeli konnte ein größeres Blutbad verhindern, indem er sich auf die Handgranate warf.

Technikjournalist der 70er

Da ich allerdings auch an technischen Themen interessiert bin und etwas von einer ersten Netzwerkverbindung gehört habe, werde ich versuchen, Genaueres darüber herauszufinden. Auf meiner Schreibmaschine halte ich meine Ideen fest. Hinzu kommen das hydraulische Kurvenlicht bei Automobilen, das sich wohl mit der Kurve mitbewegen soll, und ein sogenanntes Anti-Blockier-System, kurz ABS. Wenn Autofahrer bremsen, sorgt es dafür, dass die Reifen nicht blockieren. Der Bremsdruck wird abwechselnd angehoben und gesenkt und sorgt so für mehr Sicherheit auf den Straßen. Serienreif ist das System allerdings noch nicht.

Tonbandgerät. Foto: Daniel Deppe (Gemeinfrei)

Schnell packe ich meinen Kassettenrekorder ein, an dem ein Mikrofon angeschlossen ist. Dadurch kann ich Gespräche aufzeichnen, was meine Arbeit um einiges erleichtert. Der Ton wird dabei auf Kompaktkassetten gespielt. Somit kann ich das Gespräch immer wieder abspielen lassen. Betrieben wird das Gerät mit Batterien.

In meiner Tasche blitzt auch mein Geburtstagsgeschenk hervor. Eine Praktica LLC Spiegelreflexkamera. Die erste Kamera mit TTL-Belichtungsmessung. Blende und Verschlusszeit werden automatisch gesteuert. Die Bilder haben ein Format von 24 x 36. Auf die Entwicklung des Films muss ich immer eine Weile warten; allerdings gibt es als Alternative nur Polaroid Kameras. Bei diesen muss aber die Belichtungszeit penibel eingehalten werden, sonst sind die Farben verwischt oder die Kontraste zu hoch.

Anschließend machen mein Mann und ich es uns auf dem Sofa gemütlich. Die Lavalampe darf dabei natürlich nicht fehlen. Heute soll im Ersten Programm eine neue Serie namens Tatort laufen. Wir sind stolze Besitzer eines Farbfernsehers, auf dem wir sogar drei Programme sehen können: Das Erste, das ZDF und das Bayerische Fernsehen. Mal sehen, ob die Serie wohl einen Erfolg verzeichnen kann.

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