Punkt, Punkt, Komma, Strich, fertig ist der Kupferstich

Albrecht Dürer war schon zu Lebzeiten für seine Kunst bekannt. Der Durchbruch gelang ihm vor allem durch seine Kupferstichdrucke. Doch mit der Zeit verschwand diese Technik von der Bildfläche.

Ein Beitrag von Hanna Reinert 

Zumindest fast. Denn im Gedenkhaus des Künstlers lebt das Druckverfahren mit den Händen der freien Künstlerin Sofia Fränkl weiter.

Die überflüssige Farbe muss vor dem Drucken sorgfältig entfernt werden. Foto: Hanna Reinert

Viele fertiggestellte Kupferplatten liegen auf dem Tisch, zwei Schalen mit roter und schwarzer Farbe stehen daneben. Sofia Fränkl hat sie angefertigt: „Mit einem Stichel, der zum Schieben und Stechen da ist, nicht zum Kratzen.“ Es gehe hier schließlich um einen Kupferstich, nicht um eine Radierung, so die Künstlerin. Denn bei einer Radierung kratzt man das Material mit einer Nadel von der Kupferplatte. Ein Radiergummi habe dort – wie viele Schüler vermuten – jedoch nichts verloren, erzählt die Künstlerin. Der Begriff ist schlicht von dem lateinischen Wort radere für kratzen abgeleitet. Der Kupferstich und die Radierung sind Tiefdrucktechniken. Die Zeichnung auf der Schablone entsteht dabei nur aus Punkten und Strichen. Auf dem fertigen Druck sind später lediglich die Rillen zu sehen, die Fränkl zuvor aus der Platte gestochen hat – ein sogenannter Negativdruck. Der Kupferstich erscheint anschließend, wie alle Druckverfahren, spiegelverkehrt auf dem Papier.

Abgestempelt

Dürer verwendete solche Stempel zum Auftragen der Farbe. Foto: Hanna Reinert

Die Künstlerin wählt die kleine Eule als heutiges Vorzeigemotiv aus. Mit einem Stempel aus Leder streicht sie die rostrote Farbe über die Einkerbungen in der Kupferplatte und drückt die Paste fest in die Vertiefungen hinein. Früher waren solche Stempel aus Hundeleder. Das Leder war besonders glatt, da Hunde bekanntlich über ihre Zunge schwitzen und so kaum Poren in der Haut haben. Fränkl hat den Stempel, den sie zur Demonstration verwendet, jedoch selbst aus Socken gemacht.

Mit einem Lappen wird die Platte gründlich von der überflüssigen Farbe befreit, bis nur noch Farbrückstände in den Kerben des gewünschten Motives sind. „Jetzt können wir drucken. Doch wie kriegen wir die Farbe in den Rillen aufs Papier?“, fragt Fränkl die Besucher. „Ganz einfach durch Feuchtigkeit“, löst sie ihre Fragestellung auf. Für den Druck verwendet sie handgeschöpftes Blütenpapier aus Baumwolle, da es die Feuchtigkeit besonders gut aufnimmt.

Druckwerk

Albrecht Dürer war einer der ersten Künstler, der jedes seiner Werke mit einer Signatur versah. Foto: Hanna Reinert

Die Platte wird mit dem Motiv nach unten auf das Papier gelegt und der Tisch zu einer Walze nach oben geschraubt. Fränkl beginnt an einem Drehkreuz zu ziehen und so das Motiv von der Kupferplatte auf das Blütenpapier zu wälzen. „Dieser Vorgang muss von Hand gemacht werden. Dabei spürt man ganz genau, ob man noch mehr Druck auf die Platte ausüben muss oder nicht“, sagt Fränkl. Erst wenn man die Ränder des Kupferstückes auf dem Papier spürt, ist das Kunstwerk fertig. „Die schwarze Kunst mit Röte gedruckt“, schwärmt die Künstlerin. Doch Albrecht Dürer hat zu seiner Zeit nur mit schwarzer Farbe gedruckt, die aus Ruß hergestellt wurde. Ihr sei dies schlicht zu unkreativ, sagt Fränkl, weshalb sie zusätzlich rote Farbe verwendet.

Die Künstlerin erklärt, dass sie die verschiedenen Macharten der Kupferplatten ganz klar mit Hilfe einer Lupe unterscheiden könne, allerdings nur deshalb, weil sie selbst alle Varianten schon einmal angefertigt hat. Immer wieder kommen Kunsthistoriker zu ihr, damit Fränkl ihnen die Unterschiede erklärt. „Dafür müssen die Leute aber hier im Haus vorbei kommen“, sagt sie mit einem leichten Grinsen im Gesicht, „Dürer zuliebe und aus Respekt“.

Informationen zum Museum

Albrecht-Dürer-Haus
Albrecht-Dürer-Straße 39
90403 Nürnberg

Öffnungszeiten: Di, Mi, Fr 10:00 – 17:00 Uhr, Do 10 – 20 Uhr, Sa – So 10:00 – 18:00 Uhr

https://museen.nuernberg.de/duererhaus/

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