Zwischen Wissen, Wahrnehmung und Wirkung

Kunst soll „Spaß machen, Interesse wecken oder auch verwirren“, sagt Kunsthistoriker und Konservator Thomas Heyden. Die Wissensvermittlung im Neuen Museum ist mindestens so vielseitig wie seine Kunstobjekte und Künstler.

Die angenehme Stille in den geradlinigen und auf den ersten Blick minimalistischen Räumen wird lediglich durch die Stimme eines kleinen Jungen unterbrochen. Er beschreibt seiner Schulklasse die geometrischen Figuren eines Kunstwerks aus der Ausstellung „Saum der Zeit“ im Neuen Museum Nürnberg.

Eingang an der Ostseite. Foto: Maria Schwarz

Von vielen gespannt gelesen, von anderen gekonnt ignoriert sind die kleinen Informationsschilder und Begleithefte diejenigen, die Geschichten der Künstler und Hintergründe der Werke näher erläutern. Dr. Thomas Heyden sagt dazu: „Kunst lebt immer vom Kontext“. Zudem versteht der Besucher zeitgenössische Kunst erst vollständig, wenn er auch ihre Geschichten und Epochen kennt. Trotz des Versuchs, möglichst viele Informationen weiterzugeben, sollen sie im Ausstellungsraum nicht aufgezwungen platziert sein. Der Kunsthistoriker, der die Begleitinformationen selbst produziert, sagt: „Die Wände sind für die Kunst reserviert.“

An dem glasverkleideten Geländer der massiven, aber gleichzeitig schwebend wirkenden Wendeltreppe geht es in den zweiten Stock. Puristisch und in schwarz-weiß gehalten, unterstreicht sie den Design-Aspekt des Hauses selbst. Im obersten Stockwerk entsteht zum aktuellen Anlass der „Blauen Nacht“ in Nürnberg eine Ausstellung zu dem Thema Horizonte. Die Konzeption und das Zusammenspiel der verschiedenen Objekte im Raum ist für Heyden eine der erfüllendsten Aufgaben. Was wo im Raum perfekt zu Geltung kommt, hängt letztlich nicht nur von Absprachen mit dem Künstler selbst ab, sondern es wird auch versucht, mit der Außenwahrnehmung zu spielen. Räume, die direkt an die großflächige Glasfront an der Ostseite des Gebäudes grenzen und somit einen Blick in den Innenhof gewähren, wirken ganz anders als die geschlossenen Räume im Inneren.

Kunstvermittlung im Museum

Über 1000 museumspädagogische Angebote gibt es jährlich in dem staatlichen Museum für Kunst und Design. Darunter fallen Workshops, künstlerische Praxisangebote und unter anderem auch Führungen im Dialog mit den Gästen. Deren Stil auch immer an die Gruppe selbst angepasst wird. Nur etwa zehn Prozent aller Museumsbesucher, im Jahr 2017 rund 66.000, von denen über die Hälfte Kinder und Jugendliche sind,  buchen auch eine Führung dazu. Bei dieser Art der Wissensvermittlung muss auch auf Sprachbarrieren geachtet werden, so zum Beispiel bei einem Programm speziell für Geflüchtete. Bei manchen Führungen braucht es nur ganz wenig sprachlichen Inhalt und die Kunstpädagogen arbeiten mit den Leuten zusammen, erklärt Heyden. Kunstbildung ist für Heyden existenziell, für ihn ist es wichtig „Dingen zu begegnen, die vom Menschen und vom Leben handeln und zugleich nicht wahr sind“.

Treppenhaus des NMN. Foto: Maria Schwarz

Im Erdgeschoß wartet, als Kontrast zu den hohen weißen Hallen, ein kleiner verhangener schwarzer Raum mit einer Leinwand und Sitzgelegenheiten. Auch im Alleingang kann der Besucher an den Ausstellungen partizipieren. Ein früherer Sammlungsraum dient heute als Kino für Videokunst, eine Kunstform, die versucht andere Kanäle zu bedienen als die herkömmlichen. Ein weiterer Lerneffekt folgt gleich ein paar Ecken weiter in der Sammlung „East And West: DDR/BRD“. Hier sind deutsche Design-Klassiker und Alltagsobjekte ausgestellt, jeweils in der Art und Bauweise von West- und Ostdeutschland. Der Besucher kann erraten, aus welchem deutschen Staat die Ausstellungstücke stammen.

Im Zuge der multimedialen Veränderungen und in einer Gesellschaft, die immer stärker zum Materialismus strebt, sollen Institutionen wie Museen einen Ort schaffen, wo diese Dinge keine Rolle spielen. Sie stellen ein Kultur und Wissensschatz dar „der sich von der glatten materialistischen Welt draußen unterscheidet“, dennoch stellt Heyden fest „das Verlangen nach einem Preisschild ist groß“.

 

Website des Neuen Museums Nürnberg.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert