Bio für Mensch und Tier

Die Waldschänke inmitten des Nürnberger Tiergartens ist für viele Besucher die erste Anlaufstelle, wenn es auf die Mittagszeit zugeht. Den Reiz der Küche macht der Mix aus alpenländischen, venezianischen und nürnbergerischen Gerichten aus.

Ein Beitrag von Bernhard Schmid

Beim ersten Blick auf die Karte fällt zuerst die knallig-grüne Schrift auf; die farblich markierten Speisen tragen ein Bio-Siegel. Etwas, worauf die Pächter, Helga und Peter Noventa, sehr viel Wert legen. Als das Paar vor mittlerweile 21 Jahren das Tiergarten-Restaurant übernommen haben, war es noch ein typisches Ausflugslokal mit relativ bescheidenem Angebot. Danach setzten die bio-affinen Gastronomen nach und nach mehr auf entsprechende Produkte.

Die Waldschänke des Tiergartens setzt auf bio-zertifizierte Speisen. Foto: Bernhard Schmid

Beim Bio-Anteil der Speisen erreicht die Waldschänke mittlerweile über 80 Prozent. “Ab Mitte Juli werden wir sogar bei 90 bis 95 Prozent sein”, sagt Peter Noventa. Dann nämlich werden auch die Pommes frites und das Wiener Schnitzel den Bio-Status erreicht haben. Die äußerst hohen Zahlen treffen allerdings nicht auf das Kuchen-, Eis- und Getränkeangebot zu, da sie dort an Pachtverträge gebunden sind. Der absolute Anteil ist trotzdem beachtlich, immerhin erhalten sie für ihre Ausrichtung zu biologischen Produkten keinerlei Subventionen. Das höchstgelegene Restaurant Nürnbergs ist seit mittlerweile sieben Jahren bio-zertifiziert, 2014 wurden sie Mitglied von Biokreis, 2015 Partner von Bioland. Der Anspruch bringt auch die eine oder andere Schwierigkeit mit sich, besonders bei den Kosten: “Die Herausforderung der Wirtschaftlichkeit ist aufgrund des Preises immer gegeben, aber wenn man qualitätsorientiert ist, nimmt man das eben in Kauf”, sagt der 70-Jährige.

Bei Obst und Gemüse wird vorzugsweise auf Partner aus der Region gesetzt, vor allem aus dem Knoblauchsland. Da diese allerdings nicht den ganzen Bedarf decken können, wird der Rest vom Großhandel “Ökoring” bezogen. Das Schweinefleisch, die Würste und demnächst auch die Schnitzel werden von der Metzgerei Fruth aus Nürnberg in Bio-Qualität vorbereitet und geliefert. Andere Fleischwaren kommen vom ersten Bio-Metzger aus Österreich. Das sei zwar nicht regional, könne der Gastronom aber trotzdem besten Gewissens anbieten. Die hiesigen Möglichkeiten waren einfach zu wechselhaft. “Wichtig ist eine Kontinuität, sowohl in Qualität als auch in der Haltbarkeit”, erklärt Noventa. Trotz des seiner Ansicht nach fehlenden Bewusstseins für richtige Ernährung in der Allgemeinheit sieht er der Zukunft positiv entgegen und würde sich über mehr Nachahmer freuen: “Wir sind sicher Vorreiter, vor allen Dingen in dieser Größenordnung. Natürlich würden wir uns leichter tun, wenn noch mehr Gastronomie es uns gleich täte.”

Auch die Speisekarte der Tiere ist bio

Etwa fünf Kilometer weiter nordöstlich in Schwaig bei Nürnberg befindet sich das Gut Mittelbüg, auf dem das Futter für den Tiergarten rein biologisch angebaut wird. Hier gibt es weniger exotische Vierbeiner, dafür weite Felder, große Maschinen und Ackerbau, die sich über 30 Hektar erstrecken. “Wir versuchen nach Möglichkeit, viel Futter selbst zu erzeugen”, sagt Gerd Schlieper. Das ist deutschlandweit einzigartig. Insgesamt macht der Anteil an selbst produzierten Nahrungsmitteln für die Tiere etwa 15 Prozent des insgesamt Benötigten aus. Der Bedarf an  Futterrüben, Grünfutter, Mais, Weizen und Hafer wird ausschließlich vom Eigenerzeugnis gedeckt, das Heu zu 80 bis 90 Prozent.

Im Gut Mittelbüg bei Schwaig werden Teile des Futtermittels für den Tiergarten angebaut. Foto: Tiergarten Nürnberg

Obst und Gemüse wird allerdings nicht angebaut. Das bekommen sie,  genauso wie das Fleisch für die Raubtiere, hauptsächlich von Großhändlern. Dabei wird von den Direktlieferanten auch gerne einmal die “zweite Wahl” genommen, also Obst und Gemüse, das optische Mängel besitzt. Birnen dienen hierfür als gutes Beispiel: Die oft etwas braunen Früchte sind nicht matschig oder überreif, sondern haben lediglich eine Farbänderung durchlitten und können deswegen nicht für den Endverbraucher verwertet werden. “Paviane nehmen alles, die sind nicht ganz so wählerisch”, sagt Schlieper.

Die Aufbereitung des Futters

Der studierte Landwirt pendelt regelmäßig zwischen Nürnberg und Schwaig hin und her, um nach dem Rechten zu sehen oder selbst anzupacken. Die Ernte fällt je nach Art oder Saison unterschiedlich aufwendig aus. Die Entscheidung, vor mittlerweile sechs Jahren zum Tiergarten zu gehen, bereut der 53-Jährige keineswegs. Eines würde er jedoch gerne häufiger machen: Traktor-Fahren. Dieser Leidenschaft kann er nur selten nachkommen, da sein Hauptarbeitsplatz immer noch der Futterhof am Schmausenbuck, direkt oberhalb des Tiergartens, ist. Hier wird für die knapp 300 verschiedenen Tierarten das Futtermittel aufbearbeitet, zusammengestellt und portioniert. Das Flamingofutter des Nürnberger Tiergartens setzt sich beispielsweise aus Forellenfutter, Garnelen und herkömmlichem Flamingofutter zusammen. Deswegen seien die eleganten Vögel hier so schön rosa. “Es ist eine Herausforderung, das gewohnte Futter der verschiedenen Tierarten zu besorgen beziehungsweise zu imitieren, und das ganzjährig”, sagt Schlieper.

Ist das Futter verdaut und ausgeschieden, wird der Tiermist gemeinsam mit den Abfällen des Tiergartens – also dem Gras, Stroh und Laub – zurück zum Gut Mittelbüg gebracht und kompostiert. Nach Bewässerung und mehreren Umsetzungen kann der Misthaufen als Dünger für die Felder wiederverwertet werden. So wird der Kreislauf der Nährstoffe vollendet und nebenbei auch noch an Kosten für die sonst übliche Entsorgung gespart – ein weiterer Vorteil der eigenen Landwirtschaft.

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